Leben in den Buchten

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Wenn wir nicht gerade irgendwelchen Marienstatuen hinterherlaufen, die einmal im Jahr ausgelüftet werden müssen, haben wir die letzte Zeit ein sehr beschauliches Leben. An der Südküste La Gomeras gibt es auf einer Strecke von gerade einmal 15 Seemeilen insgesamt elf Ankerbuchten. Alle haben wir nicht geschafft, aber doch eine gute Auswahl.

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Da gab es eine ganz kleine, mit einer aufgelassenen Fischfabrik, die ein belgischer Aussteiger jetzt als Wohnstatt benutzt. Wir mussten so dicht unter Land ankern, dass wir bei Niedrigwasser den Kiel einziehen mussten, um nicht aufzusitzen.

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In der nächsten Bucht gibt es eine Besonderheit. Hier das Suchbild – was ist darauf zu sehen?

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Richtig – vier Höhlen nebst Höhlenbewohnern! Ein paar Extrem-Aussteiger wohnen in dieser Felswand. Wir wissen nicht, wie lange schon und ob vielleicht nur im Sommer, aber das ist schon sehr fernab jeglicher Zivilisation. Kein Wasser, kein Strom, etliche Kilometer Fußweg zur nächsten Siedlung. Muss man schon mögen. Wir fühlen uns jedenfalls im Vergleich sehr komfortabel in unserem schwimmenden Heim.

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In den Buchten ankern wir auf Sandgrund, und da gibt es keine Fische. Unter den Felswänden aber dafür unzählige Fischsorten. Nach einer Begegnung mit zwei Tauchern, die uns ein paar Fische fürs Abendessen spendieren, packe auch ich die Harpune und den Neoprenanzug aus. Allerdings: eine Harpune ist kein Präzisionsgewehr. Entweder die Fische sind sehr groß (was wir nicht zu bieten haben) oder man kommt relativ nahe dran an sie dran, sonst trifft man nicht. Mit einiger Übung klappt es dann aber doch ganz gut. Es dauert nur eine Weile, bis wir wissen, welche Sorten gut schmecken und nicht total voller Gräten sind.

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Unsere Wassertanks können wir zwischendurch in einem kleinen Fischereihafen auffüllen. Zwar kann die Muktuk nirgends anlegen, aber mit dem Dinghi füllen wir die großen schwarzen Eimer auf und pumpen das Wasser von dort aus in die Tanks. Dabei bleibt sogar noch etwas übrig für eine Ladung Wäsche.

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In einer Bucht gibt es eine kleine Ferienanlage, die zwar keine Straßenanbindung hat, wo aber fünfmal täglich ein kleines Motorboot von San Sebastian aus hinfährt. Wir nutzen die Gelegenheit, fahren mit dem Dinghi an Land, machen eine Wanderung über ein paar Bergrücken bis in die Stadt und überfallen dort Markt, Metzger und Supermarkt. Mit Rucksäcken und Einkaufstüten schwer beladen nehmen wir das Wassertaxi zurück in unsere Bucht. Nette Art einzukaufen.

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La Gomera – Fiesta Virgen de El Paso 2014

Ein Plakat im Örtchen Playa Santiago, wo wir in der Bucht ankern, gibt Auskunft über ein vier Tage dauerndes Fest im Bergdorf Alajeró zu Ehren der Jungfrau Maria von El Paso von Freitag bis einschließlich Montag: Sportwettkämpfe, eine Prozession, Musikbühne und vieles mehr.

Am späten Samstagnachmittag nehmen wir den Bus nach Alajeró, um die angekündigten Folkloregruppen anzuschauen. Gleich neben der kleinen Kirche des Ortes steht das Kulturhaus, auf dem Platz dazwischen ist eine Musikbühne aufgebaut, um die Kirche herum und dahinter reihen sich Stände aneinander, die typisch kanarische Küche anbieten, andere wiederum verkaufen Hot dogs, Getränke oder Zuckerwatte und ein bisschen Krimskrams für Kinder. Noch ist nicht viel los, wir essen eine Kleinigkeit und setzen uns dann in den Saal des Kulturhauses: hier ist schon die erste Gruppe dran, die Frauen in schönen gestreiften Röcken, weißen Blusen, bunte Tücher um den Hals oder ums Haar gebunden, ein kleiner brauner Hut darauf. Oben auf der Bühne stehen die Musiker und Sänger, davor geben die Tänzer/innen ihr Bestes.

Eine Gruppe gefällt uns besonders gut: Handtrommeln mit Ziegenfell bespannt und schöne dunkle Holzkastagnetten sind die einzigen Instrumente, dazu ein rhythmischer und doch getragener Gesang, mit Pfeif-Einlagen, viele Strophen haben die Lieder und besingen Liebe und viel Kriegsleid. Davor tanzen junge Mädchen eine sehr kompliziert aussehende Schrittfolge, die Füße über Kreuz, Drehungen, Sprünge, den Rhythmuswechsel der Trommeln machen sie gekonnt mit, lächeln sich fröhlich zu, zwei kleine Mädchen von vielleicht 10 und 12 Jahren machen auch mit, beide mit ganz konzentrierten Gesichtern, immer mit dem Blick auf die Großen.
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Die letzte Gruppe tritt auf, die Männer in dunklen Hosen, weißem Hemd und einer bunten Schärpe um den Bauch, die Frauen in langen hochgeschlossenen Kleidern, vielleicht eine bürgerliche Mode des 19. Jahrhunderts nachahmend, auch sie mit Tüchern um die Haare und einem braunen Hütchen drauf. Sie singen romantische Lieder, begleitet von Mandolinen, Gitarren, einer Querflöte. Das Publikum kennt diese mitreißenden Lieder und der halbe Saal singt mit. Beim letzten Lied, auf das man schön Walzer tanzen kann steigen einige der Sänger und Musiker von der Bühne herunter und holen sich Tanzpartner aus dem Publikum, andere Paare folgen, zuletzt gibt es eine Art Polonaise mit allen…

Danach fragt Andreas einen der Männer der traditionellen Gruppe mit den Handtrommeln, was es mit dem Pfeifen auf sich habe: es handelt sich tatsächlich, wie wir vermuteten, um den hiesigen Dialekt der Pfeifsprache, den nur die eingeweihten Gomerer verstehen. Wortreich erklärt uns der alte Herr das alles. Seine Frau wiederum empfiehlt uns, die Prozession am Sonntagmorgen unbedingt mitzumachen.

Also fahren wir am nächsten Tag wieder den Berg hoch. Ab Alajeró ist die Straße gesperrt, drei Kilometer weiter oben in El Paso startet die Prozession. Nach dem Gottesdienst wird die Jungfrauenstatue aus der dortigen Kapelle in die Kirche von Alajeró getragen. Wir laufen die restlichen Kilometer mit hunderten anderen Menschen hoch, der Prozession entgegen. Von Weitem schon sieht man eine Menschenansammlung, eine bunte Schlange, die sich ganz langsam bewegt, ab und zu wehen Trommelklänge herüber.
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Die Jungfrauenstatue wird auf einem kleinen blumengeschmückten Wagen gefahren, davor geht eine Gruppe, wieder mit den Handtrommeln oder den großen schönen Kastagnetten schlagen sie den Takt, einige von ihnen singen, auch die junge ernsthafte Sängerin vom Vortag ist wieder mit dabei. Vor ihnen wiederum sehen wir eine größere Gruppe von hauptsächlich jüngeren Frauen und Mädchen, sie tanzen in der gleichen komplizierten Schrittfolge mit den dynamischen Sprüngen, die Hände seitlich hochgehalten. Ich erkenne einige der Mädchen aus der Tanzgruppe wieder, es sind aber auch einige jüngere und ältere Männer dabei. Dieses Mal nicht in Tracht sondern in bequemer luftiger Kleidung, immerhin ist der Weg drei Kilometer lang und die Prozession dauert volle drei Stunden. Ab und zu geht eine von ihnen am Rand mit, um sich auszuruhen, einen Schluck Wasser zu trinken, bevor sie wieder in den Tanz einsteigt.

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Es herrscht eine fröhliche Festtagsstimmung, alte und junge Menschen wandern mit, warten am Wegrand, erzählen, scherzen mit den kleinen Kindern, wedeln sich mit den Strohhüten etwas Luft zu, einige haben Picknicktaschen dabei, schieben Wägelchen mit Bier, andere tragen traditionelle Lederbeutel mit Wein bei sich.
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Unten im Ort wartet der Pfarrer für eine kurze Ansprache, bevor die Jungfrauenstatue in der Kirche vor dem Altar aufgestellt wird. Nun herrscht Hochbetrieb auf dem Platz und bei den Ständen, alle wollen etwas essen, trinken, andere verteilen sich auf den umliegenden Straßen, packen auf dem Spielplatz auf den Bänken ihre Picknickkörbe aus, Großfamilien versammeln sich drum herum.
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Irgendwann am frühen Nachmittag beginnt auf der Musikbühne das Programm, spanische Schlager, erst ein Alleinunterhalter, dann ein Duo, die Leute davor tanzen paarweise, auch hier ältere und junge, mit Kindern im Schlepptau. Das Kirchenportal steht weit offen, die Musik schallt laut von der Bühne hinein, es sind kaum 200 Meter dazwischen, Menschen gehen ein uns aus, um kurz die Jungfrau anzusehen, andere wiederum sitzen in Andacht versunken auf den Bänken oder stehen betend vor dem Altar.

Bis Mitternacht wird getanzt, dann gibt es noch ein Feuerwerk, und am Montag wird die Jungfrau wieder in die Kapelle nach El Paso hochgetragen, das soll, so erzählt uns eine Lehrerin, ganz schnell gehen, in weniger als einer Stunde, schließlich sei es ja ein normaler Arbeitstag.

Sie erzählt uns auch, dass vor langer Zeit ein Mann auf seinem Pferd durchs Gebirge ritt und dabei eingeschlafen sei, das Pferd ihn aber sicher nach Hause gebracht habe. Dieses für ihn große Wunder verdanke er der Jungfrau Maria zu deren Ehre und als Dank für den sicheren Heimweg habe er die Kapelle gestiftet.

Alles Obst

Auf unseren Wanderungen über die beiden Inseln La Palma und La Gomera kam die Idee auf, ein paar Bilder von den vielen Obstsorten zusammen zu stellen.
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Diese Palmen werden gepflegt, um den hiesigen Palmhonig zu gewinnen. Wie das geht, müssen wir uns mal bei Gelegenheit genauer erklären lassen:
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Feigenkakteen, bzw. die Früchte davon, haben wir auch schon mal probiert, aber da ist grosse Vorsicht geboten, die kleinen feinen Haare sind so stachelig, wenn die einmal in den Handflächen landen, kann man sie kaum wieder raus bekommen.

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Die Avocadobäume hängen voller Früchte, in La Palma sind ganze Hänge damit bepflanzt und bieten eine kleine Abwechslung zu den Bananenplantagen.
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Die Mangos, hier Mangas genannt, sieht man auch überall, wir kommen an einem Hof vorbei, mit einem großen Obstgarten voller Mangobäume, in den Kisten liegen die Früchte zum Verkauf, drei unterschiedliche Sorten, kleine runde gelbe, mittelgroße orangefarbene und die größeren sind grün-lila gefärbt. Alle riechen sie unglaublich aromatisch, ich packe gleich zwei Kilo davon ein und fülle den Kühlschrank auf.
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Papaya-Bäume sieht man eher selten, und nur in privaten Gärten, dann sind sie aber ein schöner Anblick:
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Unterwegs in den aufgelassenen Terrassengärten sind die Feigenbäume schon durch ihren süßen Duft schnell zu orten und die Früchte leicht zu ernten.
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Und die Sammelleidenschaft kommt bei uns beiden endgültig durch: ich finde am Wegesrand einen kleinen Birnbaum, allerdings dauert meine Freude darüber nicht lange, sie sind überreif und eignen sich nur noch zum Schnapsbrennen.
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Da hat Andreas mehr Glück, die Mandelbäume tragen teilweise noch und die frischen Nüsse sind sehr aromatisch. Doch Vorsicht, einige dieser Bäume sind Bittermandeln!
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La Gomera

La Gomera ist nicht besonders groß, aus der Vogelperspektive gesehen rund, und erinnert an einen Kuchen in Scheiben unterteilt, die spektakulären Schluchten laufen alle in der Mitte zusammen. Die Wanderwege sind alle gut ausgeschildert, allerdings ist das Busnetz nicht so gut ausgebaut wie auf der Nachbarinsel, die Busse fahren nur wenige Male am Tag und es erfordert etwas Planung, wenn man ohne Mietwagen Wanderungen unternehmen möchte.

Erste Station ist die Ankerbucht bei Valle Gran Rey, hier bleiben wir ein paar Tage lang.

Zuerst sind wir mit dem Bus in die Inselhauptstadt gefahren, während diesen eineinhalb Stunden konnten wir die landschaftliche Vielfalt der Insel bestaunen: das Valle-Tal mit den vielen Palmen und teilweise noch bewirtschafteten Terrassen, der Nebelwald hoch oben, der Blick in zerklüftete Täler runter und auf der Ostseite der Insel kam Teneriffa in Sicht, ein tolles Panorama.

Das hat Lust auf mehr gemacht, also sind wir zu einer Wanderung durch den Nebelwald gestartet – Nebel gab es keinen, dafür aber angenehmen Schatten und das Moos an den Bäumen sorgte auch so schon für einen gespenstischen Eindruck.
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Wir hörten kleine Vögel zwitschern, suchten und sahen sie in den Zweigen hüpfen, Kanarienvögel vielleicht?
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Und als ausgewiesenes Naturschutzgebiet wird der Wald weitgehend sich selbst überlassen, also findet man viel Unterholz und etliche uns unbekannte Pflanzen.

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Als Einkehrmöglichkeit auf dieser Wanderung wurde ein Restaurant angegeben, das einfachste kanarische Küche anbietet: das tägliche Menü bei Dona Efigenia besteht aus einem Brei aus Gofio (geröstetes Maismehl) mit einer leicht pikanten Paprikasauce, einer Gemüsesuppe quer durch den Garten, die man drüber schöpft und dazu ein grüner Salat angereichert mit Avocados, Papayas, Bananen und Tomaten, mit einem Dressing aus Palmhonig. Einfach nur köstlich! Das Dessert kam ungefragt zum Kaffee dazu…
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Bei unserer zweiten Wanderung sind wir vom kleinen Örtchen Playa Santiago ein Stück weit in die Berge hoch gefahren, und sind den Barranco, also die Schlucht, wieder runter gewandert.

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Der Name des Örtchens Imada dort oben klingt nicht nur wie ein arabischer Frauenname, es mutet aus der Ferne leicht arabisch an, helle Häuser mit überwiegend Flachdächern, drumherum Palmen. Zuerst verläuft der Weg durch aufgelassene Terrassengärten, dann kommt ein Stück mit überhängendem Felsen, gut gesichert durch Seile am Rand.
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Und überall kann man noch die alten Wege sehen, die zu den Feldern führten, eine mühselige Arbeit war das früher, diese zu erreichen und zu bewirtschaften. Am Ende des Tages sind wir voller neuer Bilder im Kopf und freuen uns auf ein kühlendes Bad im Meer.
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Kleine Fische, große Fische

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Valle Gran Rey ist eine sehr deutsch geprägte Aussteigerkolonie inklusive deutschem Metzger und deutschem Bäcker. Einmal die Woche gibt es einen Hippie-Markt mit Räucherstäbchen, allerlei Heilkräutern und selbstgetöpferten Batikklamotten.

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Das Örtchen hat aber noch eine weitere Attraktion. Im Hafenbecken von Valle Gran Rey lebt nämlich eine größere Anzahl von Rochen. Ganz am Ende, da wo eine Steintreppe ins Wasser führt und die Fischer ihre Abfälle ins Wasser werfen, versammeln sie sich. Bei Niedrigwasser stehen dort gerade mal noch zwei Meter Wasser und man kann sie sehr schön beobachten.

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Die größten sind Pfeilschwanzrochen, die haben eine Spannweite von knapp zwei Metern. Daneben gibt es noch ein paar Entenschnabelrochen und Dutzende gemeiner Rochen, letztere etwa einen Meter breit. Einige von ihnen haben sogar einen Namen, einer der Pfeilschwanzrochen wurde mir als Sebastian vorgestellt, die Namen der anderen habe ich vergessen. Mein Namensgedächtnis war noch nie besonders gut.

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Wenn sie nicht gerade herumschwimmen (was schon sehr cool aussieht), legen sie sich flach auf den Boden, fächeln sich mit dem Flossensaum etwas Sand auf den Rücken und sind dann perfekt getarnt kaum mehr vom Grund zu unterscheiden. Nur ihre zwei Augen kann man erkennen, und wenn man die gefunden hat, errät man auch den Umriss des Rochens. Ab und zu zwinkern sie sogar.

Sie lassen sich weder durch um sie herum schwimmende Schnorchler noch durch ins Wasser springende Kinder irgendwie beeindrucken. „Wenn man auf sie tritt, das mögen sie nicht. Ansonsten machen die nichts“ verrät uns eine hiesige Rochen-Expertin.

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Ganz besondere kleine Fische schwimmen manchmal nachts um unser Boot, was weit draußen vor dem Hafen vor Anker liegt. Es sind Dornhechte, lange dünne, ca. 30cm lange blau glänzende Exemplare mit einem langen spitzen Schnabel wie ein Schwertfisch, nur eben kleiner. Sie schwimmen an mondlosen Nächten ganz dicht an der Oberfläche. Wenn man länger mit der Taschenlampe hinleuchtet, sind sie weg. Da haben wir natürlich nachts das Wurfnetz ausgepackt und versucht, ein paar zu fangen.

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Es wäre allerdings besser gewesen, ich hätte das mit dem Wurfnetz vorher einmal bei Tageslicht probiert. Bei youtube findet man viele lehrreiche Videos, wie man die Dinger werfen sollte, bei uns scheint aber die Schwerkraft anders auf das Netz einzuwirken, oder der Raum ist anders gekrümmt, es ist jedenfalls nicht ganz einfach. „How to pancake a cast net“ – das muss man den Amis schon lassen: diese Eleganz, mit der sie das Wort Pfannkuchen als Verb verwenden! Wie man ein Wurfnetz pfannkucht, gemeint ist natürlich, dass es sich im Flug zu seiner vollen runden Form öffnet. Bei mir wurde das zuerst eher Kaiserschmarrn, bald aber zumindest Nierentische, so dass wir am Ende doch ein paar von den Biestern erbeuten konnten.

Geschmacklich gar nicht mal schlecht, aber relativ grätenreich. Das Schlimmste aber: die Mittelgräte samt Abzweigungen hat eine leuchtend karbolblaue Färbung. Irgendwie ist diese Farbe doch eher für Sommerkleider als für Gräten geeignet, beim Essen sieht das trotz besserem Wissen giftig aus, und man erwartet statt Fisch- eher Minz- oder Mentholgeschmack. Den Rest des Fangs haben wir dann als Köder kleingeschnitten, auf Haken gespießt und versucht, gegen Tunfisch oder Doraden einzutauschen. Hat aber nicht geklappt. Noch.

Zwischen den Inseln

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55 Seemeilen sind es zwischen Tazacorte auf La Palma und unserem Ziel, der Bucht vor Valle Gran Rey auf La Gomera. Bei den vorhergesagten leichten Winden ist das eine ungeschickte Distanz. Brechen wir frühmorgens auf, schaffen wir es nicht sicher, bei Tageslicht anzukommen, und bei Dunkelheit in eine unbekannte Ankerbucht einzulaufen, möchten wir eher vermeiden.

Starten wir am Abend und fahren die Nacht durch, kommen wir zwar sicher bei Helligkeit an, laufen aber bei Dunkelheit in die acceleration zone im Süden La Palms, und vor diesem Düseneffekt haben wir mittlerweile doch etwas Respekt. Also wählen wir den Mittelweg, werfen am Nachmittag die Leinen los, erreichen noch bei Helligkeit die Südspitze La Palmas, die Passage zwischen den Inseln machen wir in der Nacht und kommen gegen fünf Uhr morgens in La Gomera an. Dort lassen wir uns dann ein paar Stunden vor der Küste treiben, bis die Sonne aufgeht und wir den Ankerplatz ansteuern können.

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Eine acceleration zone hatten wir dann doch nicht, obwohl wir zwei Tage zuvor von Land aus an der Südspitze die See noch hatten kochen sehen. Dafür wehte es zwischen den Inseln, also die ganze Nacht durch, mit ordentlichen 7-8 Bft statt der angesagten 2-3. Nichts schlimmes, aber für einiges an Action hat es in der Nacht doch gesorgt. Zuerst haben wir uns einen Riss im Vorsegel eingefangen (zum Glück haben wir ja zwei), dann hat noch eine überkommende Welle die Rettungsinsel aus ihrer Verankerung gespült und mit lautem Rumpeln über das Deck rutschen lassen. Zum Glück blieb sie dann aber an der Reling hängen. Wäre sie über Bord gegangen und hätte sich aufgeblasen, wäre es kompliziert geworden. Weil das gute Stück an die 60 kg wiegt, konnten wir es auf dem schwankenden Deck nicht wieder an seinen angestammten Platz zurückhieven. So mussten wir es erst einmal provisorisch an Deck festzurren, für 2:30 Uhr nachts genug an Arbeit. Am Ankerplatz haben wir es dann in Ruhe mit dem Block der Großschot (Prinzip Flaschenzug) zurückbugsiert – und ab jetzt besser gesichert.

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Der Riss im Segel hat am Ende mehr Arbeit gemacht. Ursächlich war eine mit den Jahren unter der UV-Strahlung brüchig gewordene Naht zwischen zwei Segeltuchbahnen, die auf einer Länge von etwa 2 Metern aufgerissen wurde. Quer dazu hat es dann an der Stoßkante des UV-Schutzes das Tuch selbst zerrissen. Die aufgerissene Naht konnten wir recht leicht nachnähen, indem wir die bestehenden Löcher im Segeltuch wiederbenutzt haben. Für den senkrechten Riss musste aber ein Flicken eingesetzt, besäumt und doppelt angenäht werden. Nach einem Tag vergeblichen Versuchens mit der Nähmaschine habe ich auch das dann von Hand gemacht. Bilanz: alles in allem ca. 8 laufende Meter Naht, drei Tage Arbeit. Puh!

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Jedenfalls werden wir vor der Atlantikpassage noch einmal alle Nähte kontrollieren und ggf. nachnähen lassen. Das Motto der Segelmacher lautet nicht von ungefähr: A stitch in time saves nine.

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La Palma: Vulkane, Wein und Salz

An der Südspitze der Insel La Palma gibt es zwei Vulkane und zwei Leuchttürme, die uns der Wanderführer anpreist. Zuerst geht es mit dem Bus die hoch gelegene Küstenstraße entlang, wieder mit atemberaubenden Blicken übers Wasser, auf steil abfallende Hänge mit Terrassengärten, weiter unten die Bananenplantagen und die kleinen Strände. In Fuencaliente/Los Canarios laufen wir los, zuerst durch den Ort, am Ortsrand steht noch ein schönes altes Steinhaus, mit einem Restaurantbetrieb, inmitten von Weinbergen. Und hier beginnt die wilde karge Landschaft des Vulkangesteins in der zunächst noch viele Weinberge zu sehen sind; durch die Wärme der Steine werden die hellen Trauben jetzt schon reif, und tiefer unten im Lavagestein finden die Wurzeln der Pflanzen gute Wasserspeicher. Ideale Bedingungen in dieser unwirtlichen Gegend. Nur die Erntebedingungen stellen wir uns sehr schwierig vor, da die Weinranken auf dem Boden entlang wachsen und ab und zu sieht man einzelne Reben mit kleinen Stöckchen aufgestützt, um sie vor allzu hungrigen Eidechsen zu schützen.
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Es ist trocken und heiß, der Lavasand mit den vielen kleinen Steinchen staubt und an manchen Stellen ist es besser, in einem Abstand von 10 Metern zu gehen, um nicht in der Staubwolke des Vorderen zu verschwinden. Der erste Vulkan – San Antonio – ist weiträumig umzäunt und man muss ordentlich Eintritt zahlen: den schauen wir uns dann lieber von ferne an, die Wanderung ist auch so schon lange genug.
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Eine halbe Stunde weiter durch Weinberge, an einer breit ausgebauten Schotterstraße entlang gehend, sehen wir etwas unterhalb einen einsamen hellen Felsen aus der dunkelgrauen und braunroten Landschaft ragen, der Roque Teneguía, da gibt es Felsenzeichnungen mit Spiralen und Kreisen von Altkanariern, geschätzt 2000 Jahre alt.
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Und dann kommt schon der zweite Vulkan in Sicht, der Teneguía, 1973 hat er das letzte Mal gespuckt, eine aufregende Vorstellung. Der Aufstieg ist gar nicht so schwer, und es weht ein Wind, der die Hitze erträglich macht. Steine gibt es da in allen Formen und Farben, wir sind fasziniert, und mit etwas Fantasie kann man allerlei aus den Formen herauslesen, wie beim Bleigießen zu Sylvester. In der Ferne sehen wir die Inseln El Hierro, La Gomera und Teneriffa, sie scheinen über dem Wasser zu schweben.
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Das Ziel unserer Wanderung, den alten und den neuen Leuchtturm, sehen wir von oben sehr deutlich, die Salinen daneben erscheinen ganz bunt in verschiedenen roten und blauen Tönen. Nun kommt die letzte Mondlandschaft, allein ein paar tapfere Sträucher haben hier inzwischen ihre Wurzeln geschlagen, ein toller Kontrast: die schwarzen Steine und die hellgelb-grünen Pflanzen.
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Um die Salinen unten an der Küste herum ist ein Lehrpfad eingerichtet, mit Schildern, die in spanischer, englischer und deutscher Sprache erklären, wie das Salz hier in einzelnen Schritten gewonnen wird. Das Meereswasser muss zuerst in ein Becken hoch gepumpt werden, in das sogenannte Mutterbecken, die erste Verdunstungsstufe, hier ist das Wasser rot von den Algen.
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Von hier wird das schon recht konzentrierte Salzwasser immer weiter nach unten in andere Becken geleitet, bis es in dem letzten Kristallisationsbecken landet, wo dann das Salz „geerntet“ wird.
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In einem der vorletzten Becken gibt es ein „Urtierchen“, eine ganz einfache Art von Einzellern, die zusammen allerdings interessante Gesteinsformen bilden, wie kleine Gebirgsformationen. Das alles kann nur in den Sommermonaten mit Hilfe des stetig wehenden warmen und trockenen Passatwindes stattfinden. Ab Oktober liegt der Betrieb wieder still.
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Eine palmerische Großfamilie, auf mehrere Autos verteilt, findet noch zwei Plätzchen für uns und nimmt uns in den Ort zurück, fährt uns sogar, als wir erzählen, woher und wohin, zur Bodega Teneguía. Das hatten wir uns schon beim Hinweg angeschaut: eine Wein-Kooperative, bei der jetzt Ende August, die Trauben für den Weißwein angeliefert werden und direkt vom kleinen Transportlader in den Mahltrichter geworfen werden. Beim Fotografieren bekomme ich ein paar Trauben zum Probieren gereicht, allerdings nicht ohne Hintergedanken: „Un beso por favor!“ Ich darf das Redel auch ohne Wangenküsschen behalten.
Der Verkaufs- und Probierstand ist hoch oben in der Halle mit der Weinpresse und den Tanks, auf einer Plattform eingerichtet, man kann alles gut beobachten, und es duftet herrlich nach frisch gepressten Trauben. Kein Wunder, dass wir am Ende einige Flaschen Wein zur Bushaltestelle hoch tragen.
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