Raststätte Minerva Nord

Nein, tanken kann man hier nicht. Auch Toiletten oder ein Restaurant wird man vergeblich suchen. Trotzdem ist das nördliche der beiden Minerva-Riffe ein beliebter Zwischenhalt, wo Segler, die von Neuseeland nach Tonga oder Fidschi unterwegs sind, Station machen können.
Mitten im Nirgendwo (genauer auf 23°37’S 178°55’W) liegen die beiden Atolle, das nördliche fast kreisrund mit zweieinhalb Meilen Durchmesser, wo man – so man erst einmal drin ist – geschützt vor den Wellen des Ozeans in ruhigem Wasser ankern, einen eventuellen Sturm abwettern oder sich einfach mal wieder ausschlafen kann. Und da sind wir jetzt, zusammen mit einer Handvoll anderer Segler.
Die Amerikaner haben im 2. Weltkrieg einen sicheren Platz für ihre Kriegsschiffe gesucht, und eine ca. 150 Meter breite Lücke in das Korallenriff gesprengt, deshalb können wir heute problemlos hineinfahren. Eine andere Ein- bzw. Ausfahrt gibt es nicht.
Wir haben zehn Tage bis hierher gebraucht, sind also wie immer langsam unterwegs. An Wetter hatten wir fast alles, von Rauschefahrt bis Dümpeln, von Schmetterling bis hart am Wind, von Flaute bis Windstärke acht. Zwei Nächte Erholung wollen wir uns hier gönnen; am Sonntag soll es nach Fidschi weitergehen.
Wir hoffen, morgen früh bei Niedrigwasser mit dem Beiboot aufs Riff hinausfahren zu können – angeblich gibt es hier reichlich Hummer einzusammeln. Mal sehen, ob wir Glück haben.

Abschied und Aufbruch

Anderthalb Jahre waren wir in Neuseeland. Es sind uns schon ein paar Wurzeln gewachsen, der Abschied fällt uns nicht leicht.

Aber das kleine Häuflein übriggebliebener Boote, also alle die den Absprung zu den tropischen Inseln im Norden noch nicht geschafft haben, scharren ungeduldig mit den Seehufen und warten auf das nächste passende Wetterfenster. Für die meisten, uns eingeschlossen, ist es morgen soweit. Ein Tief zieht heute noch durch, seine Rückseite gibt uns noch zwei Tage lang guten Wind, dann versuchen wir an der Ostseite eines großräumigen Hochs nach Norden zu kommen. Es sieht nach einer langsamen, schwachwindigen Überfahrt aus, zumindest in der ersten Woche. Mal sehen was danach kommt, mindestens zwei, eher drei Wochen werden wir wohl für die 1200 Meilen bis Fiji brauchen.

Die Einkäufe sind verstaut, die neuen Starterbatterien eingebaut, das letzte Holz verfeuert, der neue Windmesser ist im Masttop montiert und angeschlossen. Morgen nach dem Ausklarieren wollen wir noch zollfrei Diesel tanken, Wasser auffüllen und dann geht es los. Ziel: jeden Tag ein Grad wärmer.

Knapp daneben

Rund 540 sm sind es von Havelock nach Opua in der Bay of Islands, wo wir letzte Einkäufe und Reparaturen erledigen und am Schluss ausklarieren wollen. 540 sm jedenfalls, wenn man die kürzere Route nimmt: die Westküste der Nordinsel hinauf, ums Kap Reinga und das Nordkap herum und die Ostküste wieder ein Stück hinunter. Und so ähnlich haben wir es auch gemacht.

Es ging allerdings erst einmal damit los, dass es nicht losging. Die Starterbatterien sind tot und müssen in Opua ausgetauscht werden. Nur wenn man stattdessen die Bordbatterien auf den Anlasser schaltet, startet der Motor. Die Starterbatterien lassen sich aber auch nach langer Ladezeit nicht füllen. So müssen wir also sehr aufpassen, dass wir nicht zu viel Strom verbrauchen, denn sonst geht der Motor gar nicht mehr an (und die Bordbatterien können nicht wieder geladen werden).

Die Wetterprognose ist mittelprächtig: erst soll es zwei Tage Südwind geben – gut für uns beim Weg die Westküste nordwärts. Der übliche Sturm aus der Cook Strait beschert uns allerdings gleich mal drei Meter Welle bei Wind von hinten, und das heißt „Geige“: das Schiff rollt im fünf Sekunden Takt mal auf die eine, mal auf die andere Seite. Alles rollt weg, fällt um, rutscht runter. Uns eingeschlossen beim Versuch, ab und zu mal zu schlafen.

Dann fängt die Flaute an, wir müssen motoren, 48 Stunden Gebrumm, aber immerhin auf ebenem Kiel. Dummerweise erreichen wir die beiden Kaps im Norden zum ungünstigen Zeitpunkt der Tide: sechs Stunden lang strömt das Wasser im Gegenuhrzeigersinn um die Kaps, wir müssen – natürlich – im Uhrzeigersinn herum. Für die Strecke von 30 sm brauchen wir 14 Stunden.

Für die letzten 120 sm die Ostküste hinunter sind 5-6 Bft Nordost vorhergesagt. Das würde vom Kurs her genau passen, Halbwind bzw. Voll und Bei, wir rechnen mit einer Geschwindigkeit von 6 Knoten und könnten am Freitagabend beim letzten Büchsenlicht in Opua einlaufen. Nur leider hat Rasmus den Wetterbericht wohl nicht gelesen. Statt aus Nordost kommt der Wind aus Ostsüdost. Statt sechs Knoten schaffen wir eher zwei, egal ob wir unter Segeln kreuzen oder unter Maschine gegenan knüppeln. Dazu steht eine See, die eher zu 7 als zu 5-6 Bft passt. Schlafen kann da auch keiner (Bewegung diesmal auf und ab statt hin und her), und bis Opua bräuchten wir bei der Geschwindigkeit über zwei Tage. Außerdem steht für Samstag/Sonntag ein ordentlicher Sturm mit Wind bis 40 Knoten zu erwarten, den wir dann abbekommen würden.

Kurz und gut: Opua ist erstmal nicht zu erreichen, 60 sm vorher gibt es einen kleinen Ort namens Mangonui, und in dem sind wir nun wohlbehalten, aber recht erschöpft gelandet. Hier werden wir den Sturm abwarten und in ein paar Tagen dann hoffentlich nach Opua weiterfahren.