Wetterwechsel

Heute wollen, ja müssen wir an dieser Stelle einen Missstand ansprechen, den wir schon allzu lange Zeit stillschweigend hingenommen haben. Die Vorkommnisse auf den Überfahrten der letzten Wochen zwingen uns aber, die teilweise skandalösen Verhältnisse öffentlich anzusprechen. Es geht um die völlig unzuverlässige Belieferung mit Wind in den Tropen.
Diese blieb z.B. mehrfach ohne Begründung ersatzlos aus. Tagelang dümpelten wir in der Flaute und warteten vergeblich auf die bestellte Brise. Bei anderer Gelegenheit erhielten wir bis zu sieben oder acht Windstärken, obwohl wir überhaupt nichts bestellt hatten. Und wenn doch einmal die Stärke passte, wurde wiederholt Wind aus völlig unbrauchbaren Richtungen geliefert.
Wie Gespräche mit etlichen anderen Seglern beweisen, handelt es sich bei unseren Erfahrungen keineswegs um Einzelfälle. Es ist also durchaus angebracht, sich über einen Wechsel des Windanbieters Gedanken zu machen.
Freilich muss ein solcher Schritt gut überlegt sein. Gerade hier in den Tropen gibt es in den jeweiligen Sommermonaten verdächtig günstige Pauschaltarife, bei denen aber nach Presseberichten die Windstärken häufig unkontrolliert übers Ziel hinausschießen. Hurrikans, Taifune, Zyklone: steht natürlich alles nur im Kleingedruckten. Auf Anbieter, die ihre Windstärken nicht im Griff haben, wollen wir keineswegs hereinfallen. Außerdem wollen wir natürlich sicherstellen, dass wir wieder in die gesetzliche Windversorgung zurückkehren können, wenn wir die Tropen verlassen.
Wir stellen uns auch grundsätzlich die Frage, ob die Versorgung mit Wind und mit Welle unbedingt aus einer Hand erfolgen muss. Warum soll man z.B. Seegang in Kauf nehmen, der das Wohlbefinden an Bord ernsthaft beeinträchtigt, nur weil man kräftigen Wind für eine zügige Reise wünscht? Was soll das mit den Kreuzseen oder dem lästigen „Wind gegen Strom“? Jede Marktanalyse würde ergeben, dass die wenigsten Kunden so etwas wünschen. Aber auf Kundenzufriedenheit wird eben keine Rücksicht genommen. Warum? Nur weil es in hunderten von Jahren des Anbieter-Monopols immer so war?
Höchste Zeit, dass hier einmal frischer Wind einkehrt.

Lomo

Die Idee des Erdofens gibt es ja in vielen Kulturkreisen. Auf Fidschi nennt sich das „Lomo“, und wir durften bei einem solchen Gelage mitmachen. Das Ganze funktioniert so:

Etwa vier Stunden vorher hebt man eine Grube aus, schichtet lagenweise Holz und große Steine hinein und zündet das Feuer an. Wenn die Hölzer durchgebrannt sind, fallen die heißen Steine in die Grube.

Gleichzeitig bereitet man das Kochgut vor. Fische und ganze Hühner werden in Palmwedel eingeflochten. Empfindliche Stücke kann man vorher noch in Bananenblätter wickeln.

Ist das Feuer ganz heruntergebrannt, werden sorgfältig alle Kohlereste entfernt. Es soll nichts mehr brennen und qualmen, nur die heißen Steine sollen später die Kochhitze abgeben, sonst könnte das Essen anbrennen.

Auf das Steinbett wird eine Lage gespaltener Palmwedelstiele wie eine Art Lattenrost gelegt. Auf diese Plattform schichtet man nun das eingewickelte Fleisch und Fisch, stellt die Töpfe dazu, ein mit Kokosmilch gefüllter ganzer Kürbis etc.


Das Ganze wird nun mit etlichen Lagen Palmwedeln zugedeckt, dann kommen noch einige Bananenblätter, die alles abdichten. Normalerweise wird jetzt der ganze Berg mit Erde zugeschüttet. Weil aber heute so viele Ausländer (wir Segler) dabei sind, darf auch nicht der kleinste Krümel Erde ins Essen kommen, also gibt’s noch eine Zwischenschicht aus Säcken. Dann aber kommt die Erde drauf, und jetzt heißt es etwa anderthalb Stunden warten. Es soll kein Rauch aufsteigen, und die Oberfläche des Erdhaufens fühlt sich angenehm handwarm an.



Dann endlich ist es soweit, wir packen unser Abendessensgeschenk aus. Schon wenn die Säcke weggezogen sind und die weichgedämpften Bananenblätter zum Vorschein kommen, riecht das so unglaublich lecker…

Fawn Harbour und die Kauri-Schnecken

Eigentlich nur ein Zwischenstopp auf dem Weg von Savusavu zur Viani Bay, liegt Fawn Harbour gut geschützt hinter einem langgestreckten Riff, das bei Hochwasser überspült wird. Eine verwinkelte, aber breite und gut navigierbare Einfahrt führt hinein.

Ich mache das Beiboot klar und fahre an Land, um Sevusevu zu machen. Das ist die traditionelle Vorstellung beim Dorfältesten, das vorgeschriebene Päckchen Kava und ein paar Lebensmittel als Gastgeschenk dürfen natürlich nicht fehlen. „You are welcome“ – das Geschenk war also angemessen. Wir unterhalten uns eine Weile, und ich lade den Chief und seine Kinder zum Gegenbesuch aufs Boot ein.

Als sie uns am nächsten Morgen tatsächlich besuchen, sprechen wir übers Fischen, übers Leben in Deutschland und auf Fidschi, am Ende fragen wir, ob es hier am Strand auch Muscheln zu finden gibt. Wir meinen die kleinen „cockles“, die wir seit Neuseeland immer aus dem Sand ausgraben. Der Chief meint, es gäbe schon welche, das müssten sie uns aber zeigen. Wir sollen mitkommen. Wir fahren mit seinem kleinen Fischerbötchen zum Riff, es ist fast Niedrigwasser und wir laufen zwischen Korallen und Pfützen herum. So viel gibt es zu sehen, es ist wie schnorcheln ohne nass zu werden: Seesterne, kleine Seeaale, die von uns aufgescheucht davon flitzen, Krebse, Kammmuscheln, kleine Fische. Ohne die Kinder des Chiefs, die uns begleiten, hätten wir sie allerdings nicht entdeckt, die großen Muscheln und Kauri-Schnecken. Hat man aber erst einmal den Blick heraus, macht das Muschelsammeln so viel Spaß wie das Pilzesuchen in den heimischen Wäldern. Dort in einem Felsloch, hier unter einem kleinen Überhang, noch eine und noch eine. Bald haben wir ein Dutzend der handtellergroßen Schönheiten beisammen.


Kauri-Schecken (es sind wirklich keine Muscheln) waren lange Zeit in der Südsee Zahlungsmittel. Das chinesische Schriftzeichen für Geld ist eine stilisierte Kaurischnecke. Und weil ihr Gehäuse so schön durchscheinend und glänzend ist, wurde das Porzellan nach dem italienischen Name für die Kauri – „porcellana“ – benannt.

Warum sie so glänzt, haben wir nachts herausgefunden. Wir haben in den Eimer, in dem wir die Tierchen in Seewasser zwischengelagert haben, mit der Taschenlampe hineingeleuchtet. Die Kauri hat nicht nur einen klassisch schneckigen Saugfuß ausgefahren, sondern eine dünne Hautschicht über beide Seiten ihrer Schale hochgezogen, bis die beiden Hauthälften sich oben am Rücken wieder treffen. Das hält die Schale sauber und baut immer neue Kalkschichten auf. Kleine Tentakeln wachsen auch noch aus diesem Häutchen, eventuell zur Nahrungsaufnahme?

Bleibt nur noch das Problem, wie wir die Schalen schneckenfrei bekommen. Angeblich kann man sie für ein paar Wochen in Sand eingraben, dann werden sie wohl leergefressen. Mit einem Ameisenhaufen in der Nähe wird das wohl schneller gehen. Haben wir aber gerade keinen, und wir wollen bald Richtung Vanuatu aufbrechen. Unsere Lösung: wir haben sie gekocht, mit einem Draht so viel wie möglich Fleisch heraus gepuhlt, den Rest wecken wir ein, darin haben wir ja Übung. Und irgendwann werden wir schon einen Ameisenhaufen finden, dann machen wir die Gläser auf.

Fidschi: Bula – Vinaka!

„Bula!“ – ist das erste Wort, das wir in Fidschi lernen. So werden wir überall mit einem breiten Lächeln und Winken begrüßt und solcherart grüßen und lächeln wir zurück. Und „Vinaka“, Danke, lernen wir auch schnell.

Von Neuseeland bis Fidschi haben wir 16 Tage gebraucht, nun sind wir in den Tropen angekommen. Erste Station ist Vanua Levu, die kleinere der beiden Hauptinseln von Fidschi, hier klarieren wir im Örtchen Savusavu ein und liegen an einer Mooring-Boje der Copra Shed Marina. Tropisch warm ist es nur tagsüber und meistens weht von den hohen Bergen eine kühlende Brise herunter.

Ja, wir sind tatsächlich wieder in den Tropen, das Angebot  an Obst und Gemüse auf dem Markt ist exotisch, das Straßenbild ebenso. Wir laufen die ersten Tage mit großen Augen durch die Hauptstraße und würden am liebsten alles und jedes fotografieren.

Fidschi gehört schon zu Melanesien, die Menschen hier unterscheiden sich in Kultur, Sprache und Aussehen von den Einwohnern der Polynesischen Inseln, die wir vor zwei Jahren bereist haben. Hier in Fidschi lebt aber auch eine große Anzahl von Indern. Sie  wurden Ende des 19. Jahrhunderts von den Briten als Hilfsarbeiter für die Zuckerrohrplantagen angeworben, die meisten von ihnen holten ihre Familien nach und ließen sich auf Fidschi nieder. Da sie kein Land erwerben durften, höchstens pachten, haben sich viele Inder auf den Handel und das Transportwesen verlegt. Es ist also eine wirklich bunte Mischung: Fidschianerinnen in langen Röcken mit den geblümten Mustern der Südsee und dazwischen Inderinnen in traditionellen Saris, mit einem roten Punkt über der Nasenwurzel.

Jede der beiden Bevölkerungsgruppen spricht ihre eigene Sprache, Fidschi bzw. Fidschi-Hindi und alle können gut Englisch, so dass wir uns problemlos verständigen können.

Der große Markt ist jeden Tag geöffnet, aber  am Samstag ist es eine ganz besondere Schau!


Besen

Kava-Wurzeln

Wir klappern gleich am ersten Tag alle Läden in der Hauptstraße ab, Supermärkte, Baumärkte und Bekleidungsgeschäfte, und finden doch tatsächlich einen Satz von vier Bord-Batterien, die sogar ohne größere Umbauten in die Muktuk passen. Die alten Batterien sind noch gut, schwächelten nur ein bisschen in letzter Zeit und so haben wir sicher verstaut und hoffen, sie irgendwo auf einer abgelegenen Insel verschenken zu können.

So vertreiben wir uns die erste Zeit auf Fidschi, tagsüber mit nötigen und auch unnötigen Reparaturen an Bord und abends bei einem Bierchen in der Copra Shed Marina in sehr netter Gesellschaft von Seglern, die nach und nach hier eintrudeln. Einigen von ihnen haben wir bereits in Neuseeland kennen gelernt, andere wiederum erst hier.

Und irgendwann ist es genug mit Arbeiten: wir fahren in einem Mietwagen mit Seglern (jeweils ein Paar aus Großbritannien, den USA und Kanada, und wir dazu) gemeinsam einen Tag lang auf der Insel herum. Die Landschaft ist abwechslungsreich, kleine Dörfer mit Häusern auf Stelzen, Gärten mit Papaya-Bäumen drum herum, Zuckerrohr-Felder, Regenwald… Mittags sind wir in der Palmlea-Lodge angemeldet bei einem ehemaligen Seglerpaar, die sich auf Fidschi nieder gelassen haben und ein wunderschönes Haus mit Restaurant und Ferienwohnungen gebaut haben: mit Blick aufs Meer und das vorgelagerte Riff und mit einem eigenen Anleger am Meeresufer. Wir machen noch einen Abstecher nach Labasa, der Hauptstadt der Insel und da geht es in den Straßen richtig trubelig zu, weil gerade die Schüler alle nachmittags nach Hause gehen bzw. zum Busbahnhof, wo ein Polizist mit stoischer Ruhe versucht, einen Bus nach dem anderen auf den Weg zu bringen.


Basilikum


Markt in Labasa

Tags darauf stehen wir ganz früh auf, um mit dem ersten Morgenlicht aus Savusavu raus zu tuckern, wir wollen endlich auch ein paar Ankerbuchten erkunden…


Viani Bay


Sportstunde in der Allgemeinschule in Viani Bay