Quietsch, Knarrrz

Normalerweise geht man ja in einen Hafen, um seine Ruhe zu haben. Um nicht auf See mit Wind und Wellen zu kämpfen, um nicht in der Bucht bangen zu müssen, ob der Anker hält und das Boot sich nicht selbständig macht. Eben um seine Ruhe zu haben.

In Gisborne hat das nicht ganz geklappt. Wir sind dort eingelaufen, um unsere lieben Freunde Silvi und Peter zu besuchen, und um einen vorbeiziehenden Sturm aus Nord abzuwettern. Die kleine Marina ist allerdings voll, im Becken des Vorhafens können wir auch nicht ankern, denn da werden fast täglich riesige Frachtschiffe manövriert, die Holzstämme aus Neuseeland nach Asien transportieren. Ein Anruf bei der Hafenverwaltung liefert auch keine gute Alternative. „sorry mate, you probably have to leave…“

Aber wie so oft in Neuseeland regelt sich dann doch alles. Der diensthabende Lotse ruft uns an, wir dürfen ausnahmsweise an einem großen Baggerschiff längsseits festmachen. Eine perfekte Lösung für uns, jedenfalls während des Nordsturms. Dann aber dreht der Wind auf Südsüdost, gar nicht mal so stark, aber das ist genau die Richtung, aus der die Dünung in den Hafen laufen kann. Der riesige Bagger fängt in der Nacht an zu tanzen, wir längsseits ebenfalls. Wir rucken in die Leinen, das Dinghi arbeitet sich in der Strömung hinter unserem Heck zwischen Muktuk und Bagger und versucht sich als Hilfsfender. Ein Riemen findet das nicht so lustig und bricht entzwei, zum Glück kommt das Dinghi selbst mit ein paar Flecken von abgeschabtem roten Lack davon, die am Rumpf der Muktuk nun fehlen. Ein großer Kugelfender ist am Morgen nicht mehr aufzufinden, hat sich wohl losgerissen.

Ein Arbeiter vom Baggerschiff warnt uns: das war erst das Vorspiel, denn das kommenden Hochwasser wird den Wellenbrecher überspülen, und dann rollt die Dünung ungebremst ins Hafenbecken. Wir sollten vielleicht besser weiter nach innen, da ist es vielleicht ruhiger. Also Leinen los, und wir machen an einer schwimmenden Plattform etwa 100 Meter weiter innen fest. In der Tat schaukelt es dort erst einmal weniger, aber die Plattform ist mit Metallsäulen fixiert, an denen sie mit der Tide auf- und abgleitet, und dabei im Takt der Wellen ein fürchterliches Gequietsche abgibt. Dazu das Knarzen unserer Leinen, wenn die Muktuk von der Dünung hin und hergeworfen wird. Eine Geräuschkulisse wie im Horrorfilm, in der folgenden Nacht machen wir kein Auge zu.

Noch eine Nacht später steigert sich das Spektakel. Die Dünung wird höher, zwei Stunden vor und nach Hochwasser haut es die Muktuk in die Leinen, dass es uns Angst und Bange wird. Eine Spring arbeitet sich los, daraufhin bricht eine der Achterleinen. Ein Fender platzt. Wir gehen die ganze Nacht Leinenwache. Am nächsten Tag lässt die Achterbahnfahrt langsam nach – es ist nur noch laut, aber das Einrucken in die Leinen lässt nach. Welche Erleichterung. Und in der dritten Nacht ist der ganze Spuk vorbei, wir können wieder durchschlafen. Ihr glaubt ja gar nicht, wie schön das sein kann!

Nacht, heilige

Mit gehöriger Verspätung, aber trotzdem von Herzen, wünschen wir allen unseren treuen Blog-Lesern nachträglich ein schönes Weihnachtsfest und ein guten neues Jahr!

Wir haben die Weihnachtsfeiertage dieses Jahr besonders genossen, denn Rebekka und Julian waren bei uns zu Besuch. Zwar mussten wir wegen der Sache mit der Nord- und Südhalbkugel auf klassische Zutaten wie Schneedecke, Tannenbäume und Elche verzichten, aber ein paar Konstanten gab es dann doch: Birgit hat es sich nicht nehmen lassen, Honigkekse zu backen, zu verzieren und über dem Messetisch aufzuhängen. Und das obligatorische Fischfondue gab es natürlich auch, mit neuseeländischen Fischsorten. Zwei von fünf Sorten immerhin waren selbst gefangen.

Für die Deko konnten wir die Lebkuchen mit sehr hübschen natürlichen Strohsternen ergänzen, wir wissen es nicht genau, es könnte eine Art von „tumbleweed“ sein, jedenfalls haben wir es am Strand von Mercury Island gefunden.

Coromandel Halbinsel

Und auf einmal ist der Sommer da, ein sonniger Tag folgt auf den anderen! Vergessen sind Regen und ungemütliche Kälte der vergangenen Monate.

Die Halbinsel Coromandel ragt wie ein Zeigefinger raus ins Meer, grüne Berge, schroffe Felsenküste und dazwischen schöne Sandstrände. Hier können wir den Sommer ausgiebig genießen, fahren von einer Bucht zur nächsten, vorbei an Muschelfarmen, schlängeln uns durch die vielen Inseln und Felsbrocken vor Coromandel Town, angeln, graben nach Muscheln, fotografieren Sonnenuntergänge. Bekommen lieben Besuch an Bord, treffen Segler wieder, die wir auf den Marquesas und Tonga kennen gelernt haben, sitzen gemütlich viele Stunden mit ihnen zusammen und erzählen von unseren Erlebnissen und besprechen technische Probleme der jeweiligen Boote.

Der Dezember verfliegt im Nu – und um ihn nicht ganz zu vergessen, hier ein paar Impressionen.

Die kleinste Bibliothek der Welt

Meine kleinste Bibliothek der Welt befindet sich in Port Fitzroy auf der Insel Great Barrier.

Die Geschichte dieser öffentlichen Bibliothek ist schnell erzählt, erst war es nur ein Bücherbord in einem Schuppen am Hafen bei der Bootsrampe, wo auch die eingehende Post sortiert wurde. Der „National Library Service“ unterstützte diese kleine Sammlung und versorgte sie kontinuierlich mit neuen Büchern.

1978 wurde der Schuppen am Hafen abgerissen und ein neuer gebaut. Die Bücher zogen um, ein paar hundert Meter weiter die Straße hoch neben das „nursing house“, die Praxis der Krankenschwestern. In dem Holzschuppen, wo zuvor ein Generator stand, wurden ein paar Regale aufgebaut, die Bibliothek um Biographien und Nachschlagewerke sowie Kinderbücher und Puzzle erweitert. Anfangs musste die Bibliothek sich den Raum mit einigen Mäusen und Spinnen teilen, bis ein wasserdichtes Dach und ein neuer Anstrich angebracht wurden und damit die Mitbewohner in die freie Natur entlassen werden konnten.

Die Bibliothekarin wünschte sich 1986 nichts sehnlicher als ein neues Gebäude, das den alten Generatorschuppen ersetzen sollte, aber der Gemeinderat lehnte den Antrag erst einmal ab. Während einer feuchtfröhlichen Party kam die Idee auf, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und im Schutz der Dunkelheit mit einem Neubau zu beginnen. Das war dann doch nicht nötig, denn der Gemeinderat ließ sich umstimmen. Zwei Tanzbälle als Spendengala brachten das nötige Geld zusammen, eine Holzfirma lieferte Baumaterial zu günstigen Preisen, mit der Fähre kamen wetterfeste Fenster aus zweiter Hand vom Festland, auch diese als Geschenk. Viel ehrenamtliche Arbeit wurde von den Insulanern geleistet und schließlich konnte die Einweihungsparty mit viel Champagner begangen werden. Opo Ngawata, der örtliche „kaumatua“ (Stammesältester der Maoris), segnete die Bibliothek.

Die North Great Barrier Library Association (Verein der Bibliothek von Nord-Great Barrier) kümmert sich um die Belange der Bibliothek, die Bibliothekarinnen arbeiten ehrenamtlich!

Ein kleiner Jahresbeitrag der Bibliotheksbenutzer sichert den Ankauf und die Pflege der Bücher und angesichts des doch begrenzten Platzes müssen ständig Exemplare ausgesondert werden. Darum steht ein Bananenkarton draußen auf der überdachten Terrasse, aus dem man sich für 2 Dollar ein Buch mitnehmen kann.

Die kleinste Bibliothek der Welt?

Zwei Wochen später, auf der anderen Seite der Insel spazieren wir durch das Örtchen Tryphena und stehen auf einmal wieder vor einer Bibliothek – noch kleiner? Sieht so aus! Ich habe die Bücher nicht nachgezählt und den Raum nicht ausgemessen. Aber kommt es bei Bibliotheken immer auf die Größe an?