Die Insel Okinoerabu

11. – 13. April 2023

Von Okinawa los zu kommen, ist nicht einfach. Nicht nur der vielen Bande wegen, die wir hier in so kurzer Zeit geknüpft haben, auch weil der Wind meist aus Nord weht und genau nach Norden zum Japanischen Hauptland wollen wir. Wind zum Hochsegeln gibt es immer nur für höchstens 2-3 Tage. Zwischen Okinawa und Kyushu liegen wie auf einer Schnur aufgereiht viele schöne Inseln, da können wir zwischendurch Pause machen, denn in einem Rutsch werden wir diese Strecke nicht schaffen können.
Endlich ist ein Wetterfenster da, das einigermaßen moderaten Wind aus der richtigen Richtung und wenig Welle verspricht. Aber kaum sind wir aus der großen Bucht draußen, müssen wir feststellen, dass der Wind eine viel stärkere Nordkomponente hat als vorhergesagt, wir kommen die ersten zwanzig Meilen sehr langsam voran und können nur mit Unterstützung des Motors hoch am Wind segeln.
Am nächsten Tag lässt der Wind schon wieder nach, so dass wir beschließen, nicht weiter zu fahren, sondern bereits auf der Insel Okinoerabu einen Stopp einzulegen und dort auf das nächste Wetterfenster zu warten.
Im Süden der Insel befindet sich das Dörfchen namens China, wo wir im Fischereihafen anlegen. Es ist erst mittags, also viel Zeit, um heute schon einmal den Ort zu erkunden. Gleich gegenüber am Hafen liegt ein großes Hotel, wo wir uns mit Informationsmaterial über die Insel eindecken und erfahren, dass gleich nebenan ein öffentliche Bad sei. Wunderbar, das erste „Sento“, seitdem wir in Japan angekommen sind.

Frisch geschrubbt und gebadet gehen wir am Abend noch einmal los und entscheiden uns für ein kleines Fischlokal, das von außen ganz unscheinbar daher kommt. Innen sieht es sehr gemütlich aus, ein kleiner Raum mit drei, vier Tischen und einer kleinen Theke, dahinter die Küche. Es gibt keine Speisekarte (schon einmal gut für uns, denn lesen könnten wir sie sowieso nicht). Man isst, was sich der Koch für den Abend ausgedacht hat, nämlich eine Folge von Gerichten, die nacheinander für alle Gäste zubereitet werden: eingelegter Tofu, Sashimi, Schnecken, eine Suppe mit gekochtem Fisch in einer köstlichen Brühe mit Daikon-Rettich und Lauch, frittierte Kartoffelbällchen mit Pilzen, eine zweite Suppe mit Tofu, Gemüse und Hühnchen… wir zählen mit, es sind insgesamt 10 Gänge! Jedes einzelne Gericht ist eine Überraschung und schmeckt hervorragend. Wir dürfen an der Theke sitzen und können dem Koch zusehen, wie er die Gerichte vorbereitet, was sehr spannend ist. Er beobachtet unsere Reaktionen und freut sich sichtlich, dass wir sein Essen so genießen. Mir scheint, dass er uns immer etwas mehr als den anderen Gästen in die Schalen füllt.

Zwischen den Gängen unterhalten wir uns mit seiner Frau, die ein bisschen Englisch spricht und nachdem er mit dem Kochen fertig ist, setzt auch er sich noch ein bisschen zu uns. Wir erfahren, dass er viele Jahre lang in Tokio auf dem berühmten Fischmarkt gearbeitet hat und sie früher Krankenschwester war. Seit ungefähr 13 Jahren lebt er auf der Insel, zunächst als Farmer und seit sieben Jahren betreiben sie nun gemeinsam das Restaurant. Sie packen uns jeweils ein großes Stück von dem geräucherten Thunfisch und Tintenfisch ein, die uns so gut geschmeckt haben und geben uns noch eine Tüte mit frischen Kartoffeln mit, für die die Insel so berühmt ist. (Und die wirklich gut sind, schmackhaft und mehlig, genau wie wir sie gerne essen!)

Als Dankeschön und auch weil wir gerne in Ruhe etwas mehr Zeit mit ihnen verbringen möchten, laden wir sie für den nächsten Tag zum Frühstück auf die Muktuk ein. Yuhiko und Kumihiko fühlen sich sehr wohl auf Okinoerabu, erzählen sie uns, während Andreas Waffeln backt. Sie bereuen es nicht, aus der Großstadt Tokio hierher gezogen zu sein. Beide sind gute Sportler, Läufer, und haben letztes Jahr das erste Marathon auf der Insel organisiert, genauer gesagt: ein Ultramarathon. Dieses Jahr im November soll es das zweite Mal stattfinden.
Kunihiko fragt, was wir heute noch vorhaben, er möchte, dass wir unbedingt Freunde von ihm besuchen. Wir wollen eine Wanderung machen, vielleicht bis zum Observatorium. Das Haus der Freunde liegt auf dem Weg, und Kunihiko ruft sofort bei ihnen an, um uns anzukündigen.
Noch ein gemeinsames Foto vor der Muktuk mit den beiden und eine herzliche Verabschiedung, dann ziehen wir los.


Die Hand soll den Umriss von Okinoerabu symbolisieren

Hinter dem Dorf wird es richtig grün. Die wilden Mandarinen am Straßenrand leuchten so schön in der Sonne. Sie sind innen etwas klein und haben viele Kerne, schmecken aber sehr gut.

Die Kartoffelernte ist in vollem Gange, viele Felder sind bereits abgeerntet und dürfen bis zum Herbst ruhen bzw. werden mit Pflanzen bestückt, die ein bisschen Dünger in die Erde bringen. Auf den ersten Blick wirkte die Erde sehr fruchtbar, was sie aber gar nicht ist, wie wir später erfahren. Zuckerrohr und Kartoffeln kommen allerdings mit dieser Erde gut zurecht.

Wir finden auf Anhieb das Haus von Prof. Emile Ishida und seiner Frau Ako. Sie bitten uns auf einen Tee herein. Emile war Mineraloge, seit seiner Emeritierung betreut er weiterhin viele spannende Projekte an der Schnittstelle zwischen Umweltschutz und Technologie, u.a. auch auf dieser Insel. Seine Frau spricht fließend mehrere Fremdsprachen und hat früher als Übersetzerin im Bereich Keramik gearbeitet. Wir erzählen ihnen, dass wir fasziniert sind von japanischer Keramik, worauf sie uns den Ausstellungskatalog eines bekannten Keramikers zeigen und ein paar besonders schöne Keramiken aus ihrer Sammlung. Zudem nennen sie uns einige berühmte Keramik-Ortschaften, die wir unbedingt besichtigen sollten.

Von den vielen Inseln zwischen Okinawa und Kyushu hat ihnen Okinoerabu auf Anhieb gefallen, so dass sie beschlossen, sich hier niederzulassen. Hier haben sie ein großes Grundstück gekauft, mitten im Grünen, und mit Hilfe eines Architekten ein wunderbares Haus entworfen. Wir würden gerne noch länger mit ihnen reden und sie auch auf die Muktuk einladen, aber sie müssen für einige Tage verreisen und noch einiges vorbereiten, und so verabschieden wir uns von ihnen, reich beschenkt mit spannenden Gesprächen und mit einem Buch von Prof. Emile sowie einer Flasche italienischem Rotwein aus seinem selbst gebauten Weinkeller (trotz unserer Proteste und Versicherungen, dass wir im Sommer ein paar Tage in Italien verbringen wollen.)

Wir wandern weiter und finden nach einigem Suchen unser Ziel: den Aussichtssturm, von wo aus wir einen beeindruckenden Rundblick auf die Weiten der Insel haben.

Gegen Abend kommt eine Freundin von Yukiko mit ihren beiden Töchtern, sieben und drei Jahre alt, vorbei und bringt uns eine Tüte voll mit Kartoffeln von ihren Feldern. Sie und ihr Mann sind Farmer und bauen Biokartoffeln an, ganz ohne Pestizide. In den nächsten Tagen beginnen auch sie mit der Ernte, die Mädchen freuen sich schon darauf. Leider können wir ihnen das Schiff nicht zeigen, sehr zum Bedauern der ernsthaften Siebenjährigen: es ist gerade Niedrigwasser, der Abstand von der Kaimauer zum Deck der Muktuk beträgt ungefähr zwei Meter. Ohne Leiter ist es unmöglich, an Bord zu kommen.
Am Tag darauf wollen wir gleich nach dem Frühstück los, das nächste Wetterfenster ist da. Wie gerne würden wir noch länger auf dieser zauberhaften Insel bei diesen liebenswürdigen Menschen bleiben. Wer weiß, vielleicht würden wir dann auch ein Grundstück kaufen, ein Haus bauen und Kartoffeln züchten.

Okinawa

16. März – 10. April 2023

Arbeiten am Schiff

Nach der langen Überfahrt benötigte die Muktuk viele große und kleine Reparaturen, Geräte mussten gewartet und Ersatzteile nachbestellt werden, und wir waren jeden Tag mindestens einmal im Baumarkt. Außerdem mussten wir die Muktuk vor allem im Inneren gründlich putzen und entsalzen.
Gleich am zweiten Tag nutzen wir das gute Wetter und schlugen alle drei Vorsegel ab (Genua, Fock und Schoner), um sie zu einem Segelmacher zu bringen. Nach zwei Wochen erhielten wir sie zurück, der Saum war sehr sorgfältig genäht und Teile des UV-Schutzes ersetzt. Wie neu!

Zu den durchgerosteten Stellen, die wir unterwegs provisorisch geklebt hatten, kamen noch zwei weitere dazu, die wir entdeckten, als Andreas die Holzverkleidung und die beiden Schichten Isoliermaterial in unserer Kabine abgebaut hatte. Wir brauchten also dringend einen Schweißer.

Die Marina gab uns die Telefon-Nummer von Patrick, einem Schweizer, der seit 30 Jahren in Japan lebt. Metallplatten besorgen, kaputte Stellen ausschneiden, neue Metallplatten einschweißen bzw. mit Platten verstärken, einen ganzen Tag lang hatte Patrick zu tun – alles nicht so einfach im engen Cockpit und an teilweise sehr schwer zugänglichen Stellen am Fuße des Mastes.

Ein paar Tage später, mit drei Lagen Epoxy-Farbe und zwei Lagen weißem Lack sahen die Stellen schon wieder ganz passabel aus.

In den zehn Wochen hatte sich einiges an Wäsche angesammelt. Zwei Mal schob ich unser Wägelchen mit Taschen vollbeladen zum Waschsalon. Dort gab es glücklicherweise mehrere dieser riesigen Waschmaschinen mit eingebautem Trockner. Sehr praktisch! Und während die Maschinen arbeiteten, ging ich zu meiner Lieblingsbäckerei gegenüber, mit den köstlichen Windbeuteln und Bisquitrollen.

Tourismusprogramm

Wir schafften es dieses Mal, eine gute Balance zwischen Arbeit und Erholung zu finden. Wir haben fast jeden Tag vom Farmers Markt frisches Gemüse geholt, ein paar Restaurants ausprobiert, haben Leute getroffen und sind auch ein bisschen herum gefahren.

Vor vier Jahren hatten wir schon sehr viel von Okinawa gesehen: Die königliche Burg Schuri, die leider im Herbst 2019 fast völlig abgebrannt ist und nun wieder aufgebaut wird, den schönen großen Königsgarten und Vieles mehr. (kann man hier nachlesen)
Auch dieses Mal fuhren wir wieder mit dem Bus nach Naha, in die Hauptstadt der Insel. Dort schauten wir uns u.a. das Keramikmuseum an, das einen guten Überblick über die Geschichte der Keramik von Okinawa bietet, alte und neue Keramikmeister und ihre Tonwaren vorstellt.

Gleich beim Museum befindet sich eine Straße, in der sich ein Keramikgeschäft ans andere reiht und wo man sich mit Keramik im traditionellen Stil oder neueren Formen eindecken kann.

Nach so viel Kunst und Kunsthandwerk brauchten wir eine Pause, nur ein paar Schritte weiter ist der große überdachte Markt von Naha. Gleich am Rand dieses fast unübersichtlich großen Areals fanden wir ein kleines Ramen-Lokal. Danach waren wir wieder gestärkt für den Rummel in den vielen Geschäften, wo man so ziemlich alles finden kann, was man braucht, angefangen von Kleidung, über Stoffe, Haushaltswaren, Mitbringsel von Okinawa bis hin zu Gemüse und Fisch.
Die Bittergurke ist eines der „Wahrzeichen“ von Okinawa. Ihr werden viele gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben und ihr sei es zu verdanken, dass die Lebenserwartung in Okinawa die höchste von ganz Japan ist. „Goya Champuru“ heißt ein beliebtes Gericht mit fein geschnittener Bittergurke, Tofu und Ei, das wir inzwischen ein paar Mal nachgekocht haben.

Diese Algen bekommt man nur in Okinawa – sie haben eine Textur ähnlich wie Kaviar, zerplatzen beim Draufbeißen, der Geschmack erinnert an eine frische Meeresbrise.

Der US-Amerikanische Film „Sound of Music“  über die singende Trapp-Familie mit Julie Andrews und Christopher Plummer aus den 1960er Jahren war in Japan ein riesiger Erfolg und ist immer noch im kollektiven Gedächtnis vorhanden, vor allem das Lied „Edelweiß“. Das wurde uns sogar schon mal vorgesungen. So wunderte es mich nicht, als ich eine Bäckerei auf dem Markt sah, die Apfelstrudel anbietet und die zu ihrem englisch klingenden Namen noch „Edelweiß“ hinzugefügt hat.

Okinawa World

Nicht weit von Yonabaru und mit dem Bus leicht zu erreichen befindet sich der Themenpark „Okinawa World“. Hier werden traditionelle Handwerke der Insel gezeigt (u.a. Glasbläserei, Stoffmalerei, Weberei) und bei den meisten kann man sogar mitmachen. Untergebracht sind die jeweiligen Werkstätten in Holzhäusern, die von einer adligen Familie zur Verfügung gestellt wurden.

Unter dem Themenpark befindet sich eine riesige, neun Kilometer lange Tropfsteinhöhle, die erst in den 1970er Jahren entdeckt wurde. Für die Besucher ist ein etwa 900 Meter langer unterirdischer Bohlenweg angelegt worden, entlang dessen die Kalksteinformationen beleuchtet werden, ein tolles Lichtdesign. Wir waren beeindruckt von der Schönheit dieser Unterwelt!

Fahrradtour zum Nanjo Art Museum

Im Hof der Marina von Yonabaru stehen immer noch die beiden Fahrräder, mit denen wir vor vier Jahren herumfahren konnten. Der Zahn der Zeit hat an ihnen genagt, aber nachdem Andreas einen Reifen geflickt hatte, konnten wir uns zu einer kleinen Fahrradtour aufmachen.

Zuerst fuhren wir auf einem Damm am Ufer entlang bis zu einem kleinen Fischereihafen.

Die Küste sieht auf den erste Blick ziemlich zugebaut aus. Umso überraschter waren wir, dass sich zwischen den Wohnvierteln viele kleine Felder befanden, auf denen hauptsächlich Zuckerrohr angebaut wird. Auch viele Gewächshäuser waren zu sehen, in denen Gemüse oder Blumen gezogen werden.

Mittendrin tauchte ein großes Gebäude auf: das Kulturzentrum von Nanjo, im Volksmund „sugar cane hall“ (Zuckerrohrhalle) genannt. Wir hielten kurz an und entdeckten ein Plakat mit der Ankündigung eines Konzertes, das an diesem Nachmittag stattfinden sollte.

Das Kunstmuseum von Nanjo liegt etwas abgeschieden mitten im Grünen hoch oben auf einem Berg.

Es besteht aus dem ehemaligen Wohnhaus des Ehepaars, das das Museum gestiftet hat und einem Anbau für Wechselausstellungen. Ein großer Garten mit Schatten spendenden Bäumen gehört ebenfalls dazu. Das ganze Ensemble strahlt eine unglaubliche Ruhe und Abgeschiedenheit aus. Wir fühlten uns wie in eine andere Welt versetzt.
An den Wänden hängt viel moderne Kunst von japanischen, koreanischen und chinesischen Künstlern, aber auch von Olafur Eliasson, dem bekannten isländisch-dänischen Künstler. Die Räume des Wohnhauses sind so eingerichtet, als ob immer noch jemand darin wohnen würde. Mit dem Unterschied, dass auch wirklich alle verfügbaren Wände mit Kunstwerken behängt sind: Picasso und Miró auf dem Klo und Dali im Bad!

Im Anbau sind Metallskulpturen des in Okinawa geborenen Künstlers Yasuo Arakaki ausgestellt, er selbst saß auf einer Bank vor dem Gebäude und nickte uns freundlich zu, während er sein Mittagessen aus einer Bento-Box verzehrte.

Auf dem Rückweg schafften wir es tatsächlich, pünktlich zum Konzertbeginn in der Zuckerrohrhalle zu sein und der Percussionistin Kuniko Kato zuzuhören, die Stücke von Bach auf ihrer Marimba vorführte.

Tomodachi – Freunde

Wir waren sehr gespannt, wie die Menschen in Japan nach der Pandemie und der langen Zeit der Abschottung auf Fremde reagieren würden, die nun wieder mit dem Boot in ihren Häfen auftauchen. Doch unsere Bedenken verflogen sehr schnell, denn bereits in den ersten Tagen wurden wir mit so viel Herzlichkeit willkommen geheißen – fast noch mehr als vor vier Jahren, so schien es uns.
Wir trafen Sarah und Kabo, die uns zu einem wunderbaren Abendessen in ihr Haus einluden. Beide sind begeisterte Segler und besitzen jeweils ein eigenen Boot in der Ginowan Marina, auf der anderen Seite Okinawas. Wir hoffen, die beiden irgendwann in den nächsten Monaten wieder zu sehen, sie haben uns versprochen, dass sie uns auf der Muktuk besuchen werden, um ein paar Tage mit uns zu segeln.

Wie schon erzählt, gingen wir regelmäßig zum Mittagstisch der alten Dame. Jedes Mal hatte sie ein anderes Menü zubereitet, und jedes Mal gab sie uns noch ein extra Schälchen Suppe oder eingelegtes Gemüse zum Probieren oder packte uns gleich noch ein weiteres Stück Kuchen oder Gemüse für den Heimweg mit ein.

Da sie nur noch zwei Mal pro Woche kocht, und sich vermutlich sorgte, wir würden sonst hungrig bleiben, empfahl sie uns ein anderes Lokal. Dort, in „Marina’s Café“, kamen wir mit der Inhaberin gleich ins Gespräch, die fließend Englisch sprach. Mariko, so heißt sie, und ihr Mann lebten und arbeiteten lange Zeit in Thailand und Singapur. Sie erzählte, dass immer freitags in ihrem Café ein Englisch-Konversationskurs stattfinden würde und lud uns spontan dazu ein – und wir sagten erfreut zu.
Freitagabend begrüßte uns dann auch Mayumi, Marikos Schwester, mit der sie gemeinsam den Kurs leitet. Mayumi hat in Kyoto englische Literatur studiert und spricht ein ganz wunderbares und perfektes Englisch.
Alle, die Lehrerinnen wie die Kursteilnehmer, waren sehr neugierig und stellten uns viele Fragen zu unserem Leben an Bord, den Ländern, die wir bereist haben und auch zu Deutschland. Und auch wir wollten so viel wie möglich von ihnen erfahren: die Menschen in Okinawa, so sagten sie uns, sollen viel offener Fremden gegenüber sein. Okinawa war viele Jahrhunderte hindurch nicht so abgeschottet wie das Hauptland Japans, man unterhielt Handelsbeziehungen zu den umliegenden Ländern und ließ schon immer Einflüsse auf seine Kultur zu. Familie und Traditionen werden hoch gehalten, in jedem Haus steht ein Schrein, der wichtigste aber befindet sich im Haus des jeweils ältesten Sohnes. Es ist der Hauptschrein der Familie, wo die Ahnen geehrt werden. In Japan leben auch viele Geister – so viele, dass es gar nicht möglich sei, sie alle zu kennen. Sie können sich in der Luft, im Wasser, in bestimmten Steinen aber auch in Gegenständen aufhalten. Auch diese Geister müssen durch Gebete, Gaben oder Taten wohl gestimmt werden, damit sie, wie die Ahnen auch, aufpassen, dass es allen gut geht. (Von einem Segler erfuhren wir später, dass er vor einer größeren Segelreise nicht nur dem Boot, sondern auch dem Motor, dem Autopilot, der Windsteuerung und anderen wichtigen Sachen eine kleine Gabe darbringt.)
Eine der Kursteilnehmerinnen, die als Fremdenführerin arbeitet, konnte uns auch etwas von der Geschichte der Insel erzählen. Als Überraschung brachte sie ihr Shamisen mit, ein traditionelles Saiteninstrument mit drei Saiten, und spielte uns ein Lied vor. Danach packte auch Mayumi ihr Instrument aus, eine Art Zither, und gemeinsam versuchten sie sich an einem bekannten Volkslied.

Als wir uns verabschiedeten und alle fragten, ob wir nächste Woche noch da wären, ergab es sich ganz natürlich, dass wir beschlossen, uns noch einmal zu treffen, um die Gespräche fortzusetzen – dieses Mal aber auf der Muktuk. Zwei der Kursteilnehmer brachten jeweils ihre Töchter mit und eine ihre Mutter, so hatten wir eine große Runde um unseren Tisch sitzen und verbrachten einen fröhlichen Abend miteinander.

Mayumi besuchte uns ein paar Tage später und brachte uns einige Köstlichkeiten mit, u.a. in braunem Zucker eingekochte kleine Zitrusfrüchte, die hervorragend gegen Halsschmerzen helfen sollen. Am Abend vor unserer Abreise kam sie gemeinsam mit Mariko noch einmal vorbei, sie brachten uns als Abschiedsgeschenk diese T-Shirts mit Okinawa-Motiven.
Mit etwas Schwermut verabschiedeten wir uns von ihnen – aber wer weiß, vielleicht sehen wir die beiden mal in Deutschland oder hier in Japan wieder!

Es braucht wirklich nicht viel, um sich in der Fremde weniger fremd zu fühlen. Manchmal ist ein freundlichen Lächeln und die Frage, ob man Hilfe benötigt, schon ausreichend. Doch hier in Japan haben wir so viele Menschen getroffen, die noch viele Schritte weiter gegangen sind. Sie haben uns eingeladen und beschenkt, Gaben und Gesten, die wir kaum in dem gleichen Maße zurückgeben konnten, wie wir sie erhalten haben. Sie haben mit ihren Fragen so viel echtes Interesse an uns gezeigt, und so viel offensichtliche Freude darüber, dass wir mit dem Boot den weiten Weg auf uns genommen haben, um ihr Land zu erreichen.
Wir sind sehr dankbar für diese Erfahrungen – und wir freuen uns auf viele weitere Begegnungen!

Yonabaru Marina, Okinawa

Endspurt – die letzten Tage auf See

Zuletzt wurden wir noch einmal ordentlich durchgeschüttelt. Eine kleine Front ging durch und eine alte Welle legte sich über die Windsee. Davor aber bescherte uns Rasmus schnell noch eine Flaute, in der wir einen Tag lang herum dümpelten. Eine letzte Geduldsprobe für uns! So sind die zehn Wochen doch noch fast voll geworden.

Die Tölpel – das Finale: Kurz bevor wir endgültig ihren Wirkungskreis verlassen haben, beehrten uns die Tölpel noch ein letztes Mal mit einem Besuch. Und wie es sich für eine ordentliche Abschiedsparty gehört, erschienen sie am Abend gleich im Dutzend und mehr. Für Vogelanthropologen wäre es sicher spannend gewesen, wie sich diese Gruppe auf der Querstange zwischen den beiden Masten niederließ: fauchend, krächzend und Flügel schlagend verteidigte zunächst jeder einzelne Tölpel seinen Platz und rückte dann doch überraschend beiseite, um ein weiteres Plätzchen auf der Stange frei zu machen. So viele auf einmal hatten wir noch nie auf dem Boot sitzen. Für uns war die Angelegenheit weniger erfreulich, wussten wir doch, wie am nächsten Morgen die Segel und das Deck aussehen würden.

Rasmus kam uns am nächsten Tag zu Hilfe und schickte ein paar Wellen übers Deck, um den Vogelmist weg zu schwemmen. Das war sehr gut gemeint. Allerdings – eine der Wellen schaffte es auch unter Deck. Wir hatten nur die Luke am Niedergang zugezogen, das Steckschott war nicht drin, so dass sich eine große Menge an Salzwasser ins Boot ergießen konnte. Das war der größte Platscher der Überfahrt, wir mussten den Kühlschrank und den Herd trocken reiben, das meiste floss in die Bilgen, aus denen wir einige Liter Wasser heraus holten. Am nächsten Tag stellten wir dann fest, dass auch die Schalt-Tafel über dem Kühlschrank Salzwasser abbekommen hatte und trocken gelegt werden musste. Ein weiterer Punkt auf der Arbeitsliste: Schalter auswechseln, Inverter überprüfen.

„Auch das Bad müssen wir dringend renovieren“, meinte Andreas, nachdem er den Eimer zum wiederholten Male geflickt hatte.

Die letzten Tage zogen sich hin wie Kaugummi. Wir rechneten hin und her, wie schnell oder langsam wir segeln müssten, um bei Tageslicht anzukommen. Mittwoch am späten Nachmittag wäre zu knapp, dann doch lieber Donnerstag in der Früh, auch wenn das bedeuten würde, dass wir ein paar Stunden lang beidrehen und draußen auf See warten müssten. Die Marina in Yonabaru auf Okinawa liegt in einer großen Bucht und ist zusätzlich von einem vorgelagerten Riff geschützt. Nachts in die Bucht rein zu fahren und in ruhigem Wasser zu warten, wäre ideal, aber bei Dunkelheit würden wir die Fischfarmen nicht erkennen können und ankern ist verboten, weil da zu viele Unterseekabel verlegt sind.

Die Behörden in Okinawa sehen es gerne, dass man ihnen 48 Stunden vorher Bescheid gibt und die Ankunft möglichst auf ihre Bürozeiten legt. Japaner sind den Deutschen in Sachen Pünktlichkeit und Genauigkeit sehr ähnlich, sie schätzen diese Tugenden sehr. Doch die Muktuk ist nun mal kein Shinkansen, der auf die Sekunde genau in den Bahnhof einfährt. Dieser berühmte Hochgeschwindigkeitszuges verdankt seine übergenaue Pünktlichkeit der Tatsache, dass er ein eigenes Schienennetz besitzt und ungestört von anderen Zügen fahren kann. Wir jedoch haben Wind und Welle aus allen möglichen Richtungen und vielleicht sogar noch unbekannte Meeresströmungen für unseren Fahrplan zu berücksichtigen. Und ein bisschen Reserve würden wir auch einplanen, auch wenn es vielleicht unhöflich erscheinen könnte, zu früh anzukommen.

Andreas stellt einen Fahrplan im Stundentakt auf, anhand dessen wir die nötige Geschwindigkeit an die verbleibenden Meilen anpassen können. Wir schaffen es ziemlich gut, den Fahrplan einzuhalten, auch wenn wir einmal unsere Fahrt verlangsamen müssen, um einen Frachter durchzulassen. Vor Okinawas Küste ist viel los, Frachter fahren rauf und runter, Fischerboote ziehen ihre Runden, überall sind Lichter zu sehen, und es ist nicht immer klar, ob diese von Land oder von Schiffen stammen. Wir müssen gut aufpassen und sind froh, dass alle Boote mit AIS ausgestattet sind und wir auf der elektronischen Seekarte ganz genau erkennen können, in welche Richtung sie in dieser Nacht fahren.

Ankunft

Bis zuletzt passt alles, und wir können, wie angekündigt, um 10:00h am Besuchersteg in der Marina von Yonabaru auf Okinawa anlegen. Pünktlich auf die Minute! Die Muktuk samt Lokführer könnten sich für eine eigene neue Bootsklasse namens „Shinkansen“ qualifizieren.

Zwei Männer von der Marina nehmen die Leinen an, die Beamten warten alle schon am Steg. Wie bereits vor vier Jahren, kommen zuerst eine junge Frau und zwei Männer von der Gesundheitsbehörde aufs Boot, messen Fieber und fragen nach Krankheiten. Nach so vielen Wochen auf See ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen müssen wir nicht in Quarantäne. Danach sind die anderen Beamten an der Reihe: die von der Küstenwache und vom Zoll kommen an Bord. Die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde haben im Foyer der Marina ihre Computer und Geräte aufgebaut, mit denen sie unsere Fingerabdrucke scannen und ein Foto von uns machen. Alle sind super nett und freundlich und während wir die vielen Formulare ausfüllen, kommen wir schnell ins Gespräch. Manche von ihnen sprechen gut Englisch und wollen wissen, wie die Überfahrt war, wo wir bereits überall gesegelt sind und erzählen uns, dass sie gerne mal nach Deutschland fahren möchten.

Knapp zwei Stunden später sind alle Formalitäten erledigt. Wir haben ein Visum für drei Monate erhalten und ein sehr wichtiges Papier ausgestellt bekommen: das sogenannte „Naikosen“. Damit wird die Muktuk für die Dauer unseres Aufenthalts in Japan zollrechtlich wie ein inländisches Boot behandelt und nicht in jedem Hafen erneut kontrolliert.

Wir sind so froh und erleichtert, dass wir endlich angekommen sind und festen Boden unter den Füßen haben! Wir beschließen, unsere neu gewonnene Bewegungsfreiheit sofort auszunutzen und zum Mittagessen in den Ort zu gehen. Vor vier Jahren lagen wir schon einmal zwei Wochen lang in Yonabaru in der Marina und sind nun gespannt, ob noch alles so ist, wie wir es in Erinnerung haben. Ja, das ist es! Die ältere Dame, die in ihrem Wohnzimmer ein Café betreibt und jeden Mittag ein komplettes Menü für ihre Gäste kocht, hat heute geöffnet. Nach kurzem Überlegen erinnert sie sich sogar an uns – ach, die Deutschen! Wir freuen uns, dass wir bei ihr essen können, es ist alles immer noch so liebevoll zubereitet und schmeckt herrlich!

Auf dem Rückweg gehen wir einkaufen: zuerst in den „Farmers Market“, einen Gemüseladen, der nur Produkte von Bauern aus der Region verkauft. Alles Obst und Gemüse ist frisch und makellos: Zwei Tische voller Tomaten mit bestimmt zehn verschieden Sorten, dann die vielen verschiedenen Arten von asiatischem grünen Kohlgemüse, von denen wir gerade mal Pak Choi und Chinakohl beim Namen kennen. Auch im Supermarkt gehen uns die Augen über, und wir müssen uns sehr zusammen reißen, um nicht zu viel einzukaufen – wir können ja jeden Tag wieder kommen, das Einkaufszentrum befindet sich gleich gegenüber von der Marina.

Wir haben die letzten Wochen so oft von diesen beiden Geschäften gesprochen und von frischen Tomaten, dem berühmten Tofu von Okinawa und all den japanischen Spezialitäten geträumt. Nun sind wir tatsächlich da und können es doch kaum glauben.

Nach 68 Tagen und rund 7.400 Seemeilen nonstop von Mexiko nach Japan, sind wir am 16. März 2023 angekommen.

Wandmalereien

Mexiko blickt auf eine über hundertjährige Tradition an Wandmalereien im öffentlichen Raum zurück. Die „Murales“, wie die Wandmalereien heißen, griffen in der Anfangszeit vor allem soziale und politische Themen auf. Unter den drei prägenden Künstlern dieser Zeit war Diego Rivera der wohl bekannteste.

Hier in den größeren Ortschaften der Baja California haben wir viele dieser schönen und beeindruckenden Wandmalereien bewundern können: angefangen mit Ensenada, San Jose del Cabo über La Paz und Loreto. Diese Ortschaften liegen alle am Meer, werden vom diesem geprägt und leben vom dem, was das Meer so hergibt. Das spiegelt sich auch in den Motiven der Wandmalereien wieder.

In Oaxaca sind es die Kolibris und die Alebrijes, die uns als Motive besonders begeistert haben.

Und dann gibt es noch die vielen unterschiedlichen Malereien, die von und für jeweils einen Laden oder ein Hotel werben, auch sie bunt, schön und einladend!

Mehr über diese Tradition der Wandmalereien kann man nachlesen: im deutschen Wikipedia unter Muralismo und im englischen Wikipedia unter Mexican Muralism

Unter den Steinen

John Steinbeck, den wir hier schon so oft zitiert haben, füllt in seinem Logbuch sehr viele Seiten mit der Beschreibung der Unterwasserwelt: wie sie mit Gummistiefeln stundenlang am Ufer entlang gegangen sind und alles eingesammelt haben, was da so krabbelte.

Das hat uns neugierig gemacht und so haben wir im letzten Jahr am Strand bei Niedrigwasser auch so manchen Stein umgedreht und gestaunt, wie bunt es da mitunter aussehen kann und wie viele Tierchen da sitzen oder herum krabbeln.
Hier eine Auswahl unserer Fotos.

Haarsterne, Schlangensterne oder Würmer ringelten schnell davon zum nächsten schützenden Stein , Seewalzen drückten sich in die Spalten und waren fast nicht mehr von ihrer Umgebung zu unterscheiden, Seeigel in allen Formen und Größen trotzten der Brandung.

Diese Schnecke hat ihr Häuschen mit einem schützenden Deckel geschlossen.

Einsiedlerkrebse suchen sich die schönsten Behausungen aus.

Dieser Einsiedlerkrebs ist schon etwas zu groß geworden für sein Häuschen.

In dieser Spirale aus Sand hat eine Schnecke ihre Eier verteilt.

Hier ein Fall für den kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat.

Muktuk schwimmt wieder!

September/Oktober 2022

Als wir in der zweiten Septemberhälfte auf die Werft zurück kommen, ist es noch immer unerträglich heiß und schwül. Bei 40 Grad im Schatten ist es fast unmöglich zu arbeiten, zumal sich auch nachts das Boot nicht abkühlt. Stephanie vom Nachbarsboot (und inoffizielle Bürgermeisterin der Werft) leiht uns eine Klimaanlage, die Andreas in den Niedergang provisorisch einbaut. Innerhalb von zwei Stunden ist die Luft im Inneren auf 25 Grad Celsius herunter gekühlt. Nun können wir auch nachts wieder besser schlafen und am liebsten würden wir gar nicht mehr nach Draußen gehen.

In der nächsten Woche sinken die Temperaturen etwas, vielleicht haben wir uns auch besser an dieses Klima gewöhnt. Die Arbeiten gehen nun schneller voran: rostige Stellen behandeln, den Rumpf oben mit einer neuen Schicht rot versehen und das Unterwasserschiff mit drei Schichten Antifouling.

Bevor wir allerdings wieder ins Wasser zurück können, müssen erst einmal drei Boote umgeparkt werden, damit der Travel-Lift Platz hat, um zu uns zu fahren.

Draußen vor dem Ort ist es relativ ruhig, so dass wir beschließen, noch eine Nacht vor Anker zu bleiben. Um uns herum liegen einige Krabbenboote, die sich mit der untergehenden Sonne auf den Weg machen, um in der Nacht zu fischen.

Und dann fahren auch wir los Richtung Süden, um noch ein paar Wochen lang die Buchten und Inseln der Sea of Cortez zu genießen.

Oaxaca de Juárez

Von Oaxaca hatten wir schon viel gehört und gelesen: sie sei eine der schönsten Provinzen Mexikos mit dem buntesten Kunsthandwerk und der besten Küche des Landes! Das klang nach einem verlockenden Reiseziel, als wir überlegten, im September die Arbeiten auf der Werft um ein paar Tage zu verschieben. Auf der Werft war es noch viel zu heiß, im Hochland von Oaxaca dagegen war Regenzeit angesagt, mit angenehmen frühsommerlichen Temperaturen.

Die Provinz Oaxaca liegt im Südwesten Mexikos auf der Pazifikseite. Hier lebten Zapoteken, Mixteken und Azteken, die in den Jahrhunderten vor der Kolonialisierung durch die Spanier abwechselnd um die Vorherrschaft in diesem Gebiet kämpften. (Mehr über die Geschichte Oaxacas könnt ihr hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Oaxaca_de_Juarez)

Die Altstadt mit ihren Kathedralen, ehemaligen Klöstern und herrschaftlichen Häusern im spanischen Kolonialstil ist sehr gut erhalten. Die Stadt wirkt sehr lebendig, viele junge Menschen sind unterwegs, es gibt unzählige Galerien mit Kunst und Kunsthandwerk, private und staatliche Museen und Kulturzentren, Bibliotheken. Cafés, Restaurants, Märkte und Straßenhändler beleben das Straßenbild. Und doch ist auch hier das Gefälle zwischen den reichen Nachfahren der Spanier und der armen indigene Bevölkerung sehr hoch. Die Menschen, die am Stadtrand und in den Dörfern im Umland leben, gehören zu den ärmsten von ganz Mexiko.

Alebrijes https://de.wikipedia.org/wiki/Alebrije

Gleich am ersten Tag kamen wir an einem von außen unscheinbaren Gebäude vorbei und schauten neugierig in den üppig begrünten Innenhof. Der Portier bat uns freundlich herein, selbstverständlich könnten wir uns umsehen. Es war ein ehemaliges Convent von Dominikanerinnen, das inzwischen zu einem Luxushotel umgebaut wurde. (Im Laufe der Jahrhunderte diente es allerdings auch als Krankenhaus und Gefängnis). Von den Innenhöfen führten schmale Treppen zu den Zimmern hoch, unter den Arkaden waren die Tische fürs Frühstück gedeckt. Wir liefen alle Innenhöfe ab, bis zum letzten, wo sich der alte überdachte Waschbrunnen befand.

Oaxaca de Juarez hat sich seit Jahrzehnten zu einem der spannendsten Kunst- und Kunsthandwerkszentren Mexikos entwickelt. Hier lebten, lehrten und arbeiteten die bekanntesten Künstler Mexikos, u.a. Rufino Tamayo oder Francisco Toledo. Jeden Tag liefen wir durch die verschiedensten Museen, Galerien und Läden mit Kunsthandwerk und hatten am Ende der sechs Tage doch nicht alle gesehen – dafür aber einige schöne Souvenirs erworben.

Von außen wirken viele Gebäude trotz ihrer bunten Farben abweisend mit verschlossenen hohen Türen, vergitterten Fenstern. Doch wo eine dieser Türen offen stand, schauten wir hinein: die Innenhöfe sind wunderschön gestaltet, z.B. mit kleinen Tischen als Café einer Galerie, mit einem Wasserbecken in der Mitte umrahmt von blühenden Pflanzen im Zentrum für Fotografie, oder gar als luftiger Lesesaal der Kunstbibliothek im Institut der grafischen Künste.

Santo Domingo de Guzman die größte Kathedrale am Platz, beherbergt auch das Museum der Kunst und Kultur Oaxacas, das in dem langgestreckten mehrstöckigen Gebäude des ehemaligen Klosters der Dominikaner eingerichtet wurde.

Hauptattraktion sind die Schätze, die bei Ausgrabungen am Monte Alban, einige Kilometer außerhalb der Stadt, gefunden wurden. Es sind Grabbeigaben, Zeugnisse einer reichen Kultur der Zapoteken: Schmuckstücke aus Gold und Jade, kunstvolle Schnitzereien.

Im rechten Flügel des Erdgeschoss, kann man in den Räume der historischen Bibliothek eine Ausstellung mit traditionellen Gewändern und Stickereien anschauen, im linken Flügel war gerade eine Sonderausstellung über den mexikanischen Hund und seine Darstellung in der Kunst eingerichtet. Da war mir klar, warum draußen vor der Kathedrale eine Gruppe von Hundebesitzern posierte.

Wir buchten eine Führung in englischer Sprache durch den Ethnobotanischen Garten, der auf dem Freigelände des ehemaligen Dominikanerklosters angelegt wurde. Eine Dame aus Kanada, die schon seit vielen Jahren hier lebt, erzählte uns kenntnisreich und humorvoll von den Pflanzen dieses Gartens und verwebte die Botanik mit der Wirtschaftsgeschichte der Provinz. Sie betonte immer wieder, dass Oaxaca über die größte Artenvielfalt des Landes verfügt: die meisten Sorten Mais, Peperoni und Kakteen. Hier wurde auch über einen langen Zeitraum hinweg die Cochinilla-Laus gezüchtet, die auf einer bestimmten Kakteenart lebt und aus der die berühmte und gefragte Purpurfarbe gewonnen wurde. Dieser Blattlaus verdankt Oaxaxa seinen Aufstieg, die Farbe wurde weltweit exportiert und hunderte Webereien arbeiteten vor Ort. Diese Tradition wird auch heute weiter geführt.

Im Textilmuseum ist gerade eine Sonderausstellung mit Ponchos aus Mittelamerika und Südamerika. Wunderschöne Exemplare mit kunstvollen Details.

In diese Woche fallen die Feiertage, an denen mit vielen Festen der Unabhängigkeit Mexikos gedacht wird: die Straßen sind geschmückt und in den Restaurants werden spezielle Menüs mit landestypischen Gerichten angeboten. Es ist auch der Monat, in dem es die „Chile en Nogada“ gibt: mit Hackfleisch gefüllte grüne leicht pikante Paprika garniert mit einer süßen weißen Sauce mit Rosinen und Mandeln. Oaxaca hat drei große überdachte Markthallen, in denen alle kulinarischen Köstlichkeiten der Provinz angeboten werden: der Käse, die berühmte Sauce mit Kakao, Mole genannt, Mezkal, die gerösteten Heuschrecken, viele Sorten von Paprika, Tomaten, Mais, Kakaobohnen und so vieles mehr.

Am vorletzten Tag buchten wir eine Tour: Der Fahrer nahm uns zuerst zu einer Familie mit, die ein paar Kühe außerhalb des Ortes hält und wo wir zusehen konnten, wie der berühmte Käse aus Oaxaca gemacht wird: das Verfahren ist ähnlich wie beim Mozzarella. Hier wird der frische Käse mit heißem Wasser und Salz geknetet und zu langen Strängen geformt, die in kaltem Wasser abkühlen. Danach werden diese Stränge eingerollt und daraus große Käsekugeln geformt. Der Käse hat eine feine angenehme Säure und schmeckt uns fast noch besser als Mozzarella. Vor allem, so wie wir ihn anschließend mit frischen Tortillas und einer hausgemachten scharfen Sauce probieren durften.

Danach fuhren wir weiter zu einer Papiermanufaktur, wo uns eine junge Frau ganz begeistert erklärte, wie sie Papier aus allen möglichen Materialien herstellen, die die Natur der Umgebung hergibt. Hauptabnehmer sind die Hersteller von Mezcal: sie zeigte uns ein Musterbuch mit kunstvoll gestalteten Etiketten, die auf dem handgeschöpften Papier ihres Betriebes gedruckt wurden.

Oaxaca ist eine Provinz der Superlative! Das können wir nach diesen intensiven und von Eindrücken und Erlebnissen übervollen Tagen nur bestätigen.

Puerto Peñasco

Von Puerto Refugio sind es noch rund 100 Seemeilen bis nach Puerto Peñasco. Dort haben wir in der zweiten Junihälfte mit der Werft „Astilleros Cabrales“ einen Termin ausgemacht, um die Muktuk aus dem Wasser zu heben.

Die ersten Stunden fahren wir unter Motor und sammeln ein paar müde Möwen ein, die es sich vorne am Bug gemütlich machen. Wie bei ihnen üblich, geht das nie ohne Geschrei und Gezeter ab, alle wollen die begehrten Plätze in der ersten Reihe haben.

Nach einer Nachtfahrt erreichen wir unser Ziel: draußen vor dem Strand ist es zu schaukelig zum Ankern, also versuchen wir unser Glück im Hafen. Wir drehen vorsichtig eine Runde im engen Hafenbecken und suchen einen Platz, wo wir bis zum nächsten Tag fest machen können. Links liegt die Flotte der Krabbenfischer, rechts sind die touristischen Ausflugsboote, daneben eine kleine Marina und am Kopfende befindet sich der Kanal der Werft.

Dann kommt schon Jean in seinem Dinghi angebraust. Er hat für seine Motoryacht einen festen Platz in der Marina und hat uns gleich gesehen, als wir herein kamen. Wir hatten ihn und seine Freundin vor ein paar Wochen in einer Ankerbucht kennen gelernt, jetzt organisiert er in seiner spontanen hilfsbereiten Art gleich einen Platz für uns. Die Marina besteht nur aus einem Steg und ist voll belegt, aber wir können längsseits bei einem anderen Segelboot festmachen, das auch auf die Werft soll. Perfekt!

Am nächsten Tag soll es bei Hochwasser am frühen Nachmittag soweit sein: Mit Salvador, dem jungen Chef der Werft, ist alles abgesprochen, Leinen und Fender sind schon zurecht gelegt, die Markierungen für die Schlaufen des Lifts geklebt. Doch mittags hören wir einen lauten Knall und wenig später erhalten wir eine Nachricht von Salvador, dass wir uns noch etwas gedulden müssten, ein Reifen am großen Travellift sei geplatzt und müsse erst repariert werden. Zum Glück kam niemand zu Schaden, und glücklicherweise hat der Travellift auf jeder Seite doppelte Reifen, so dass das Boot, das transportiert wurde, heil blieb.

Unser Nachbarboot kann mit dem zweiten, kleineren Travellift der Werft an Land gehoben werden, die Muktuk mit ihren 26 Tonnen muss warten. An diesem Tag klappt es nicht mehr, und auch am nächsten Tag nicht. Die Reifen stammen wohl von Boeing Flugzeugen und werden nicht mehr hergestellt, also muss die Werft improvisieren: sie probieren es mit Flicken und Ausschäumen, was nur kurzfristig hilft. Irgendwann finden sie noch gebrauchte Räder in Phoenix, USA.

Wir haben in den letzten Jahren gelernt, flexibel zu sein. Viele Arbeiten müssen am Schiff erledigt werden, ganz unabhängig davon, ob wir auf der Werft stehen oder nicht: Rost klopfen und das Deck streichen geht auch am Steg.

Die meisten Boote, die den Sommer über während der brüllend heißen Zeit an Land stehen, sind in weiße Plastikfolie eingepackt. Das sieht nicht schlecht aus, aber wir brauchen eher einen Sonnenschutz, unter dem wir auch arbeiten können. Wieder ist es Jean, der seine Hilfe anbietet: er fährt uns mit seinem Auto von Laden zu Laden, bis wir endlich den richtigen Stoff finden. Dann verbringt Andreas ein paar Tage lang mit Zuschneiden, Anpassen und Nähen: viele Meter Material müssen gesäumt, Ösen geschlagen und Bänder angenäht werden. Als alles fertig ist, sind wir dankbar für den Schatten an Deck.

Jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang fahren die Partyboote mit viel Getöse und Musik los und jeden Abend um die Zeit suchen sich die Pelikane ein Plätzchen zum Schlafen. Am liebsten sitzen sie in luftiger Höhe, etwa auf den Holzpfählen nebenan oder auf den Booten der Küstenwache und der Krabbenfischer. Nach einigen Tagen allerdings entdecken die Pelikane einen neuen Schlafplatz: die Mastspitzen der Muktuk. Nachdem sich der erste Pelikan nieder gelassen hat, kommen gleich ein paar weitere hinzu und setzen sich sogar aufs Genickstag (das feste Drahtseil, das oben zwischen den beiden Masten gespannt ist). Wir klopfen an den Mast, machen Lärm, schlagen mit den Leinen, es beeindruckt sie überhaupt nicht. Sie schauen nur neugierig nach unten, lüften einen Flügel und machen es sich noch bequemer. Wie so ein Deck am Morgen aussieht, nachdem ein paar Pelikane die ganze Nacht lang Fisch verdaut haben? Beschissen! Dieser Vogeldreck stinkt bestialisch nach fauligem Fisch, trocknet im Nu und wird hart wie Zement. Wir bürsten den Stoff des Schattendachs ab und atmen dabei unfreiwillig das ätzende Guano ein. So geht das nicht weiter! Aber was tun? Andreas steigt am nächsten Tag hoch in den Mast und spannt eine feste Angelleine ein paar Zentimeter über das Genickstag von Mastspitze zu Mastspitze. Das hatte vor einigen Jahren bei den Fregattvögeln gewirkt. Die Pelikane lassen sich davon auch nicht stören, sie drücken mit ihrem Gewicht und den breiten Flossen die Leine einfach runter.

In den Buchten haben wir den Pelikanen so gerne beim Jagen zugeschaut, hunderte Fotos von ihren Sturzflügen gemacht und die eleganten Formationen bewundert, in denen sie hintereinander ganz knapp über der Wasseroberfläche hinweg flogen. Aber ihre Notdurft müssen sie ja nicht gerade über uns verrichten. Nachdem sie sich nun auch tagsüber auf der Muktuk ausruhen wollen, reicht es uns: Andreas fährt mit Jean in die Stadt und findet tatsächlich eine Schleuder (Zwille). Nach einigen Versuchen hat Andreas den richtigen Winkel heraus und schießt mit Kichererbsen auf die Vögel. Endlich wird es den Pelikanen zu ungemütlich und sie fliegen weg. Ihr Nachrichtensystem muss gut funktionieren, zwei Runden Kichererbsen haben ausgereicht, sie kommen nicht wieder!!!

Nach einer guten Woche ist der Travellift wieder mit funktionierenden Reifen bestückt. Die Werftarbeiter schieben Überstunden, um den Bootsstau zu bewältigen. Muktuk ist das letzte Boot, das an diesem Tag aus dem Wasser gehoben wird. Die Nacht über bleiben wir im Lift hängen, am nächsten Morgen werden wir zu unserem Platz weiter hinten rangiert.

Hier bleibt die Muktuk nun ein paar Wochen stehen, bis wir wieder aus Deutschland zurück kommen.

Bahia de los Angeles

Wenige Meilen weiter nördlich, nur einen kurzen Tagestrip von unserer Lieblingsbucht entfernt, befindet sich die einzige Ortschaft weit und breit. Sie heißt genauso wie die Bucht, in der sie liegt: Bahia de los Angeles.

Es ist ein ruhiger Ort, der in der Mittagshitze wie ausgestorben wirkt. Nur ab und zu fährt ein Auto die breite Hauptstraße entlang. Zwei Supermärkte, zwei Hotels, ein Museum, eine Handvoll Restaurants und Imbisse, die Hälfte davon geschlossen. Die meisten Touristen hier sind Camper aus den USA, die mit kleinen Motorbooten auf dem Anhänger hierher kommen und raus aufs Wasser fahren, um zu angeln.

Hier in der Bucht befindet sich die einzige Wasserquelle im Umkreis von mehreren hundert Kilometern, mit ein Grund, weshalb sich die Cochimi, die Ureinwohner, hier niederließen. Archäologen fanden außerdem Zeugnisse einer Nomadenkultur, die über 6.000 Jahre alt sein soll. Bis 19. Jahrhundert wurde immer mal wieder mühsam etwas Bergbau betrieben. Aber anders als im südlicher gelegenen Santa Rosalia, reichte die Infrastruktur nicht aus, um das Silber und andere Metalle in größerem Stil zu verarbeiten bzw. per Schiff wegzubringen.
Auch heute ist Bahia des los Angeles immer noch nicht ganz erschlossen, oder angeschlossen: es gibt zwar eine kleine Landebahn für Privatflugzeuge, aber keine Busverbindung. Und es gibt immer noch keine Mobilfunkmasten, nur in den beiden Hotels und bei „Guillermo’s“, dem Restaurant am Strand, kann man ins Internet. An manchen Tagen fällt der Strom aus, dann gibt es auch kein Internet und alle müssen warten, bis der Techniker angereist kommt. Und nur einmal pro Woche, jeden Freitag, kommt ein LKW, der die beiden Supermärkte mit frischem Obst und Gemüse beliefert. Alle Segler, die in dieser Gegend unterwegs sind, so wie wir auch, kommen in regelmäßigen Abständen hier vorbei wegen Internet, frischem Trinkwasser und Proviant.
Am meisten beeindruckt hat uns das örtliche Museum: eine Mischung aus Heimatmuseum und Naturkundemuseum: eine Fülle an Ausstellungsobjekten zur Ortsgeschichte und eine beeindruckende Sammlung an Muscheln, Schnecken, Seesternen, Seeigeln und anderen Meeresbewohnern sind hier zu bestaunen.

Gleich um die Ecke befindet sich ein sogenanntes „hurrican hole“, die rundum geschützte Ankerbucht Don Juan. Vor allem bei starken Nordwinden bietet sie perfekten Schutz. In der südlichen Ecke der Bucht ist ein großer ebener Sandstrand, wo wir die Muktuk trocken fallen lassen, um das Unterwasserschiff zu putzen.

Wanderung in der Bucht Don Juan

Weitere fünf Seemeilen in Richtung Nordosten der Bahia de Los Angeles liegen ein paar kleinere Inseln, die zum Biosphärenreservat „San Lorenzo“ gehören.

Vom Strand der Isla Ventana geht ein schmaler Pfad einen Hügel hoch und führt dann über ein Plateau hinweg bis zur anderen Seite der Insel. Auf dem Rückweg nehmen wir einen Umweg und gehen zu einem der Gipfel der Insel hoch. Von hier aus haben wir einen Rundumblick auf die Inselwelt und können den Vulkankegel der Nachbarinsel sehen, der an diesem Spätnachmittag über dem Nebel zu schweben scheint.

In diesen Wochen lernen wir einige sehr nette Segler kennen, mit denen wir abends an Deck zusammen sitzen, uns zu einem Lagerfeuer am Strand verabreden oder zu einer Wanderung auf den Vulkankegel.

Unser letzter Stopp in dieser abgelegenen Ecke der Baja California ist die Bucht Puerto Refugio am nördlichen Ende der Isla Angel de la Guardia. Es wird langsam Zeit, die Muktuk in ihr Sommerlager auf die Werft zu bringen.

Bahia de las Animas

Von Anfang Mai bis Mitte Juni sind wir in der nördlichen Hälfte des Golfs von Kalifornien. Unsere absolute Lieblingsecke ist Punta Izlote in der Bahia des las Animas (Bucht der Seelen, hier sollen die Ureinwohner in Höhlen die Toten begraben haben).

Gleich am ersten Tag treffen wir Dean aus den USA, der mit seinen beiden Hunden am Strand unter den Bäumen sein Lager aufgeschlagen hat und hier den Jahresurlaub verbringt. Zu dieser Bucht führt zwar eine sandige Straße, aber es verirren sich ganz selten andere Campingurlauber hierher, es scheint ein absoluter Geheimtipp zu sein.

Dean zeigt uns die Stellen im Schotter vor der Lagune, wo man bei Niedrigwasser nach Venusmuscheln graben kann. Und wenn mit der Flut Wasser durch den Kanal in die Lagune fließt, kann man nach den „blue crabs“, Krebse mit blauweiß gefärbten Scheren, Ausschau halten. Allerdings sollte man besser mit Gummistiefeln im seichten Wasser unterwegs sein, denn mit den Krebsen sind auch kleine Stechrochen unterwegs und die wehren sich auf sehr schmerzhafte Art und Weise, wenn man unbeabsichtigt auf sie drauf tritt.

An der Nordostecke der Bucht befindet sich eine vorgelagerte Felsinsel, auf ihrer Brandungsseite kann Andreas zuverlässig jeden Abend einen grouper (Barsch) fangen. Oft schwimmen Fische ums Boot herum, mal sind es Schwärme kleiner Fischchen, ein anderes Mal springen größere Exemplare herum. Und auch nachts hören wir immer mal wieder ein Plätschern und Hüpfen.

Und dann lernen wir auch Horacio aus Tijuana kennen, der in dieser Bucht Jakobsmuscheln züchtet: er hat Bojen ausgelegt, an denen die Körbe mit Muscheln hängen. Die ausgewachsenen Exemplare bringt er zu einem Gourmet-Restaurant in Ensenada. Horacio kann viel von dieser Gegend und der Unterwasserwelt erzählen. Es ist sehr selten, dass wir jemanden treffen, der so gut Bescheid weiß.

Bei Niedrigwasser fällt die Lagune fast ganz trocken und dann kommen tausende kleiner „fiddler crabs“ (Winkerkrabben) aus ihren Löchern gekrochen. Das Besondere an dieser Art ist die asymetrische große Schere. Die Krabben hier sind winzig klein, es gibt sie aber auch in anderen Farben und Größen in anderen Teilen der Welt.

Nachts hören wir die Kojoten jaulen und miteinander kämpfen. Manchmal sehen wir sie auch tagsüber am Strand entlang laufen. Wie sie in dieser Wüste überleben ist uns ein Rätsel. In manchen Nächten gibt es Tau, das ist die einzige Feuchtigkeit, mit der die Pflanzen und Tiere auskommen müssen.

Fast täglich drehen einheimische Fischerboote ihre Runden in den Buchten, schauen konzentriert ins Wasser, ob Fischschwärme unterwegs sind. An einer geschützten Stelle der Landspitze befindet sich ein aufgelassenes Fischercamp, zusammengefallene Häuser, alte Boote und auf einer kleinen Anhöhe weithin sichtbar eine kleine Kapelle, gebaut überwiegend aus dem, was die Umgebung hergab.