Hirado – Geschichte und Geschichten

01. – 07. Juni 2023

Hirado, die große Insel im Nordwesten von Kyushu, war durch ihre exponierte Lage über die Jahrhunderte hinweg die erste Anlaufstelle für Seefahrer aus fremden Ländern.
Der berühmte chinesische Mönch Kobo Daichi soll im 8. Jahrhundert über Hirado eingereist sein; Ende des 12. Jahrhunderts brachte ein chinesischer Zen Meister den Grüntee nach Japan, der auf dieser Insel erstmals (auf japanischem Boden) angebaut wurde. 1550 schließlich erreichte das erste portugiesische Schiff Japan und legte in Hirado an. Der lokale Fürst Matsura Takanobu hieß die Portugiesen willkommen und auch die ihnen folgenden Engländer und Niederländer und erlaubte ihnen, hier Handelsniederlassungen einzurichten. Dadurch erlebte die Insel einen rund 90 Jahre dauernden wirtschaftlichen Aufschwung, bis das Tokugawa Shogunat 1641 den Handel mit fremden Nationen auf Nagasaki beschränkte.
Was Hirado heute so spannend macht für Touristen, sind die vielen erhalten gebliebenen und wieder aufgebauten historischen Stätten, die kulinarische Vielfalt sowie die abwechslungsreiche Landschaft, mit gut ausgebauten Wanderwegen und schönen Stränden.

Oben, im Norden befindet sich die größte Ortschaft der Insel, Hirado Stadt. Hier, über der engsten Stelle, der „Straße von Hirado“, spannt sich eine große rote Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet.
Vor vier Jahren sind wir unter dieser Brücke durch und mit großem Bedauern an Hirado vorbei getuckert, unser Zeitplan war damals sehr eng gestrickt. Dieses Mal aber möchten wir ein paar Tage lang bleiben und so viel wie möglich von dieser Insel sehen.

Wir waren vorgewarnt, dass es mit dem Anlegen etwas schwierig werden könnte, denn der große Schwimmsteg im Hafen hat an der geschützten Innenseite dicke Fender. Die sollen für ausreichend Abstand sorgen und verhindern, dass bei Seegang und Schwell die Segelboote mit ihren Masten an das Dach des Steges donnern und beschädigt werden. Diese Fender sind so dick, dass es für mich unmöglich ist, in einem beherzten Anlauf an Land zu springen. Drauf treten geht auch nicht, weil sich diese Fender wie eine Rolle um ihre Längsachse drehen. Glücklicherweise ist jemand am Steg, um die Leinen anzunehmen. Und dann legen wir ein Brett von der Reling bis zum Steg, auf dem wir vorsichtig balancierend an Land kommen.

Die Haupt- und Einkaufsstraße von Hirado ist parallel zum Hafen angelegt. Hier sind in renovierten alten Häusern viele verschiedene Läden zu finden und immer mal wieder auch ein Café oder ein Restaurant. Ein Geschäft in einem alten Lagerhaus beispielsweise bietet Süßigkeiten zum Verkauf an, nach portugiesischen und japanischen Rezepten perfekt gearbeitet, und auch die Verpackungen sind kleine Kunstwerke.

Eine Schulklasse ist vormittags unterwegs, um Müll in den Straßen und am Hafen einzusammeln. Fröhlich winken sie uns zu!

Auch in Hirado gibt es ein öffentliches Fußbad.

Wir schlendern die Straße einmal rauf und runter und gehen dann auf Entdeckungstour durch die angrenzenden Seitenstraßen, die teilweise steil den Berg hoch führen.

Andreas neben der Statue von Richard Cocks, dem Leiter der englischen Handelsstation im 17. Jahrhundert.

Wir entdecken einen alten Tempel, dessen Zugang und Tore vom Grün überwuchert werden.

Das Schloss von Hirado bei Vollmond

Die ehemalige Residenz der Fürstenfamilie Matsura

Der 39. Fürst des Hauses Matsura vermachte 1955 das Anwesen der Familie sowie ihre Sammlung an Kulturschätzen der Stadt Hirado.

Das Hauptgebäude ist heute ein Museum, in dem einige der wertvollsten Objekte der rund 30.000 Stücke umfassenden Sammlung der Fürstenfamilie präsentiert werden: Schriftstücke, Zeichnungen von historischen Schlachten, Puppen und Spiele, wunderschöne Kimonos und andere Alltagsgegenstände, wie Möbel und Geschirr.

Am beeindruckendsten ist eine meterlange Papierrolle, die wie eine Art Landkarte einen Weg durch halb Japan zeichnerisch darstellt. In der Edo-Periode mussten die lokalen Fürsten, die Daimyo, mindestens einmal im Jahr die lange und beschwerliche Reise nach Edo (dem heutigen Tokio) auf sich nehmen, um dem Shogun ihre Aufwartungen zu machen. Auch musste ein Teil ihrer Familie dauerhaft in Edo leben, als eine Art Unterpfand ihrer Loyalität.

Das Teehaus der ehemaligen Matsura-Residenz wurde 1893, im selben Jahr wie das Haupthaus erbaut und strahlt, ebenso wie der Garten, eine wunderbare Ruhe aus.

Im Gegensatz zum Haupthaus besteht das Teehaus aus grob gehauenen Holzstämmen und ist mit einem Reetdach versehen.

In der Früh sehen wir eine junge Frau, wie sie um das Haus herum geht, die Steine fegt, Zweige und Blätter einsammelt. Sie ist es auch, die uns am Nachmittag einen Grüntee zubereitet und diesen mit der dazu gehörenden Süßigkeit serviert. Ihr Englisch ist hervorragend und da wir die einzigen Gäste sind, unterhalten wir uns länger mit ihr. Sie erzählt uns, dass sie erst seit einigen Monaten auf Hirado lebt. Vorher hatte sie eine gut bezahlte Stelle in Tokio, arbeitete im Marketing einer großen Firma. Aber die langen Arbeitszeiten und der Stress der Großstadt sind ihr nicht gut bekommen, so dass sie ihr Leben komplett umgekrempelt hat. In dieser wunderbaren beschaulichen Umgebung geht es ihr inzwischen sehr viel besser.

Die Niederländische Handelsgesellschaft

Im Jahr 1600 erreichte erstmals ein niederländisches Schiff Japan. Der Navigator, William Adams, ein Engländer, errang ziemlich schnell das Vertrauen des Shoguns Tokugawa Ieyasu. Er erhielt den japanischen Namen Miura Anjin, und war bis zu seinem Tod einer der persönlichen Berater des Shoguns und der erste Ausländer, der in den Stand eines Samurai erhoben wurde. (Die Geschichte von Adam Williams diente auch als Vorlage für den Roman Shogun von James Clavell.)
Williams war es auch, der gemeinsam mit dem Fürsten Matsura beim Shogun Tokugawa für die Niederländer um eine Erlaubnis bat, auf Hirado eine Handelsstation einzurichten.

1609 kamen die ersten Händler der Niederländischen Ostindien-Kompanie nach Hirado. Sie bauten im Laufe der Jahrzehnte etliche Lager- und Wohnhäuser und zogen eine Mauer auf, um die Handelsstation auf der einen Seite gegen die See und auf der anderen Seite gegen Diebe und allzu neugierige Blicke zu schützen. Als sich Japan vom Rest der Welt abschottete, musste die Handelsstation im Jahr 1641 nach Nagasaki umziehen, auf die dort künstlich aufgeschüttete Insel Dejima. Alle Ausländer durften sich fortan in Japan nicht mehr frei bewegen und blieben die meiste Zeit in Dejima.
Alle Lager und auch das erst 1639 fertig gestellte Handelshaus sind auf Befehl des Shoguns zerstört worden. Erst rund 350 Jahre später wurde das Haupthaus nach alten Plänen und Zeichnungen auf den alten Grundmauern neu aufgebaut und 2011 als Museum eröffnet.

Das Schloss von Hirado

Zwei Tage später legt am späten Vormittag auf der anderen Seite des großen Schwimmsteges ein japanisches Segelboot an. Wir begrüßen die beiden Segler und kommen miteinander ins Gespräch, sie sprechen beide sehr gut Englisch. Fuminori, der Skipper und Eigner des Segelbootes, ist mit seinem Freund Ito bereits seit drei Wochen an der Westküste von Kyushu unterwegs. Die beiden leben in Nagoya, aber Fuminori stammt aus Sasebo, wo auch der Heimathafen seines Segelbootes namens Seeadler ist. Er kennt diese Gegend in- und auswendig und lädt uns sofort zu einer gemeinsamen Stadtführung ein. Nachdem die beiden sich etwas ausgeruht haben, ziehen wir los, zum Schloss von Hirado.

Im Jahre 1587 schenkte der regierende Shogun Hideyoshi dem Fürsten Matsura in Hirado viel Grund und Boden, als Dank für dessen Verdienste bei einem der vielen Feldzüge in Korea. Nach seiner Rückkehr baute der Fürst Matsura auf diesem Hügel ein Schloss, das aber 1613 von einem Feuer komplett zerstört wurde. Erst gut 100 Jahre später konnte das Schloss wieder aufgebaut werden. Die starken Grundmauern, die an die Topographie des Hügels angepasst wurden, sollten das Schloss vor Angriffen schützen und durch seine strategisch günstige Lage konnte die Meeresenge zwischen Hirado und dem Festland gut im Blick behalten werden.

Zurzeit beherbergt es, wie die meisten Schlösser Japans, ein kleines Museum. Vom oberen Stockwerk aus müssen wir nicht nach eventuell unwillkommenen Eindringlingen Ausschau halten, wir können einfach nur den atemberaubenden Rundblick genießen: auf den gut gesicherten Hafen und die eng bebaute Stadt Hirado sowie auf die vorgelagerten Inseln und die schöne rote Brücke, die heute die Insel mit dem Festland verbindet.

Fuminori ist seit einigen Jahren in Rente und hat nun Zeit, sich neben der Musik, seinem zweiten Hobby, der Geschichte, zu widmen. Die Stadtbibliothek verfügt über einen umfangreichen Bestand an Büchern und Archivalien zur Lokalgeschichte, hier hat er mehrere Wochen verbracht, um die Geschichte von Hirado zu studieren.

Auf dem Rückweg in die Stadt führt er uns in die Bibliothek und erzählt uns einiges über die besonderen Beziehungen des örtlichen Fürsten zu den Portugiesen und Niederländern. Ich frage ihn, warum sich so viele Japaner einer solch strengen Religion wie dem Christentum anschließen wollten, wo doch der Buddhismus und Shintoismus ihnen eigentlich mehr Freiheiten gewähren. Das habe vielerlei Gründe, sagt Fuminori und setzt zu einer längeren Erklärung an. Der erste Jesuitenpater, Francisco de Xavier war eine äußerst beeindruckende und charismatische Persönlichkeit, aber auch die anderen Priester, die ihm in den Jahrzehnten darauf folgten, waren interessante Gesprächspartner für die Fürsten, denn sie brachten Kenntnisse in den Bereichen der Medizin, Naturwissenschaften, Musik und Kunst mit. Ein blinder Mann namens Lorence Ryohsai, aufgewachsen in einem kleinen Fischerdorf von Hirado übersetzte zwischen den Fürsten und den Missionaren und half so, deren Gedankengut zu verbreiten, meint Fuminori.

Die Jesuiten hatten neben der Missionierung auch einen handelspolitischen Auftrag, Portugal und Spanien wollten neue Märkte erschließen. Die japanischen Regionalfürsten wiederum wollten unbedingt Feuerwaffen, die ihnen im Kampf um die Vorherrschaft im Lande einen bedeutenden Vorteil verschafften. In der Folgezeit wandten sich einige Fürsten dem christlichen Glauben zu, und befahlen sogar die Zerstörung von buddhistischen und schintoistischen Tempeln auf ihrem Gebiet.

Wer mehr über die Anfänge der Missionierung in Japan wissen möchte, kann einen ausführlichen Beitrag im englischen Wikipedia lesen.

Die Stadtbibliothek ist ein moderner heller Bau, mit einer hohen Kuppel, die getragen wird von vielen kunstvollen Holzverstrebungen, die sich auf Betonpfeiler stützen. Die hohe Decke und das Licht geben dem großen Raum eine luftige freie Atmosphäre.

Die Leseplätze haben den schönsten Ausblick, den ich bisher in einer Bibliothek gesehen habe!

Wir drehen noch eine Runde durch den Ort, schauen uns einen alten Friedhof an, einen Tempel und die katholische Kirche, die dem Pater Francisco de Xavier geweiht ist. Sie wurde allerdings erst nach der Öffnung Japans gebaut, als der Bann des Christentums längst wieder aufgehoben war.

Eigentlich wollte uns Fuminori in sein Lieblingslokal einladen, aber es ist an diesem Samstagabend ausgebucht. So beschließen wir diesen Tag bei einer selbst gebackenen Lasagne und viel Sake bei uns an Bord der Muktuk.
Am nächsten Tag müssen die beiden leider schon weiter. Wir verabreden mit Fuminori, ihn später einmal in Sasebo zu besuchen, wo er uns den berühmten Nationalpark der 99 Inseln zeigen möchte.

Reisterrassen und Untergrundchristen

Wir wollen auch ein bisschen was von der Umgebung sehen und fahren mit dem Bus in den weniger besiedelten Nordwesten der Insel. Wir wandern durch zwei Täler mit Reisterrassen, dazwischen vereinzelte Häuser. Alle zusammen bilden sie das Dorf Kasuga.
In diesen beiden Tälern erstrecken sich die Reisfelder von dem schmalen Uferstreifen bis in die Berge hoch. Um diese Jahreszeit, im Frühsommer, sind sie grün und größtenteils noch mit Wasser geflutet. Unser Wanderweg führt uns an den Feldern entlang, an einer alten Pferdetränke und einem Stall mit Rindern vorbei – das Wagyu-Rind von Hirado soll besonders gut sein – und zu einem kleinen Hügel hoch.

Dieser Hügel und der kleine Stein mit Dach darauf haben eine ganz besondere Bedeutung für die Christen, die zweieinhalb Jahrhunderte hindurch ihren Glauben im Verborgenen ausüben mussten.

Nach dem großen Shimabara-Aufstand von 1637 erreichte die bereits Jahre zuvor begonnene Christenverfolgung ihren Höhepunkt. Die Rebellion war eigentlich ein Bauernaufstand gegen die erdrückenden Steuern der Fürsten, wurde nach dessen Niederschlagung aber zum Vorwand genommen, viele der überwiegend zum Christentum übergetretenen Bauern aus der Region zu töten und von nun an jegliche Ausübung des Glaubens zu verbieten. Damit einher ging auch die bereits mehrfach erwähnte Abschottung des Landes. Erst nachdem Japan im 19. Jahrhundert die Grenzen für Ausländer öffnete und auch Vertreter der Katholischen Kirche wieder ins Land ließ, stellte man fest, dass in vielen entlegenen Dörfern und Inseln von Kyushu das Christentum im Untergrund ausgeübt und von Generation zu Generation weitergegeben worden war. Die kleinen Gemeinden hatten keine eigenen Priester und bei der Ausübung ihres Glaubens verwendeten sie vordergründig Statuen, Symbole und Riten des Buddhismus und Shintoismus. Viele dieser Gemeinden der „Kakure Kirsihitan“, der Untergrundchristen, hatten sich in den vergangenen Jahrhunderten bereits so weit von der Katholischen Kirche entfremdet, dass sie nach der Aufhebung des Bannes weiterhin unabhängig blieben.

2018 wurde bei der UNESCO dem Antrag Japans stattgegeben, die vielen Stätten der Untergrundchristen in der weiteren Umgebung von Nagasaki zum kulturellen Weltkulturerbe zu erklären. Dazu gehört auch das Dorf Kasuga mit den für die Untergrundchristen heiligen Plätzen. Auch eine unbewohnte kleine Felseninsel vor der Küste Hirados gehört dazu. Hier holten sich die Untergrundchristen das geweihte Wasser, das sie für ihre Reinigungsrituale verwendeten.

Am Ende unserer Wanderung erreichen wir das Gemeindezentrum von Kasuga. In einem Teil des Gebäudes befindet sich ein Café, im anderen ist eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Untergrundchristen eingerichtet. Einige wenige Begriffe aus dem Lateinischen wie „penitentia“ und „oratio“ haben die Zeit überdauert und einzelne Gerätschaften sind immer noch im Gebrauch: diese Peitsche, die den Jesuiten ursprünglich zur Geißelung diente, wurde von den Untergrundchristen für Reinigungsrituale verwendet, mit der Peitsche wurde das heilige Wasser in den Räumen verteilt.

Diese 16 Gebetstäfelchen, gehörten einer der beiden christlichen Gruppen von Kasuga und wurden, in einem Leinensack verborgen, regelmäßig in der kleinen Gemeinde herum gereicht.

Das Gemeindezentrum wird von einer Gruppe älterer Frauen und Männer betrieben, die den Besuchern bereitwillig von ihrer Geschichte und der ihrer Vorfahren erzählen. Leider steht die Sprachbarriere zwischen uns, sonst würden wir das Angebot sehr gerne annehmen und mit ihnen sprechen. So beschränken wir uns darauf, die Informationstafeln zu den Ausstellungsstücken durchzulesen und anschließend einen Grüntee in dem Raum zu trinken, der mit Tatami-Matten ausgelegt ist.

Nach einer Woche auf Hirado ziehen wir weiter und werfen bei der Ausfahrt einen letzten Blick auf das Schloss und die ehemaligen Niederländischen Handelsstation. Hirado wurde als „Westliche Hauptstadt Japans“ bezeichnet, wehrhaft und weltoffen zugleich. Diese beiden Gebäude stehen sinnbildlich dafür.

Omura Bucht

  1. Mai – 01. Juni 2023

Wir tuckern vorsichtig in Schlangenlinien zwischen kleinen Inselchen hindurch, vor uns liegt die engste Stelle der Einfahrt in die Omura Bucht. Darüber spannen sich gleich zwei Brücken, darunter ist das Wasser immer noch voller Wirbel, die jetzt bei Stillwasser zwischen Ebbe und Flut allerdings nicht ganz so stark ausfallen.

Dann hören wir aus der Ferne ein lautes Tuten. Ein Transportschiff kündigt sich an, das auch diese Passage nimmt. Wenig später sehen wir es auch, es ist groß und schnell, gleich wird es uns überholen – so wie es aussieht genau an der engsten Stelle vor den Brücken. Ich werde auf einmal ziemlich nervös, ob das mal alles gut geht. Mein Skipper bleibt ganz ruhig, da passen wir schon beide durch, meint er, keine Sorge. Was auch tatsächlich stimmt. Denn wenn das große Schiff das Kunststück gemeistert hat, den gewundenen Weg durch die Inseln zu finden, dann kann es sich auch mit uns durch die Brücke hindurch fädeln. Im Nu fährt es an uns vorbei und verschwindet in der Ferne!

Geschafft! Wir sind in der Omura Bucht! Eine Ruhe breitet sich aus, die Sonne scheint, das Wasser ist spiegelglatt, wir tuckern an kleinen Motorbooten vorbei, die Wochenendanglern darin winken uns fröhlich zu. In der Ferne erheben sich bewaldete Berge. Fast könnte man meinen, das hier wäre der Bodensee.

Als wir vor genau einem Monat während der „golden week“ mit dem Zug von Nagasaki zum Töpfermarkt nach Arita fuhren, ging die Strecke eine ganze Weile lang an einem Ufer entlang. War es ein Binnensee, eine Bucht? Ein Blick auf die Karte zeigte uns, dass es sich um die Omura Bucht handelte, die man wegen ihres schmalen Zugangs leicht für ein Binnenmeer halten könnte. Die Gegend sah so malerisch und hübsch aus, dass wir überlegten, später mit der Muktuk hierher zu kommen.

Wir fahren ein ganzes Stück in die Bucht hinein, bis zu einer kleinen Halbinsel, wo wir den Anker werfen. Hier wollen wir ein paar Tage lang bleiben. Gleich gegenüber an Land befindet sich ein großes Hotel und daneben ein etwas kleineres Gebäude mit einem Onsen, zu dem die Leute aus allen Himmelsrichtungen anreisen und den auch wir ein paar Mal aufsuchen wollen. Perfekt!

Blick vom Onsen auf die Muktuk.

Arita

Hier im nördlichen Teil der Omura Bucht sind wir ganz in der Nähe von Arita. Eine gute halbe Stunde Zugfahrt trennt uns nur von der berühmten Porzellanstadt.

Arita wirkt ganz ruhig und verschlafen ohne den Trubel des Töpfermarktes. Zuerst gehen wir zu einem kleinen Einkaufszentrum am Rande der Stadt „Arita Sera“ genannt.

In einem großen Hufeisen sind die Geschäfte angeordnet, alle bieten sie Porzellan und Keramik zum Verkauf an: Antikes und Neues, Traditionelles und Modernes. Viele schöne Stücke sind dabei, und viele davon leider auch unerschwinglich für uns.

In Zusammenarbeit mit einer örtlichen Porzellanmanufaktur haben Künstler und Designer aus aller Welt Geschirr entworfen. Der deutsche Designer Stefan Diez ist darunter, die schlichten weißen Formen der Schalen gefallen uns sehr, seine Ehefrau Stefanie Diez, eine Schmuckkünstlerin, hat Armbänder aus Porzellan gestaltet. Der japanische Künstler  Shigeki Fujishiro hat sich farbenfrohe und leicht windschiefe Kaffeekannen und Tassen ausgedacht.

Auf dem Weg zurück in die Stadt schauen wir bei einer Verkaufsstelle der besonderen Art vorbei: hier gibt es Ausschussware in rauen Mengen. In zwei großen Lagerhallen sind Holzkisten gestapelt, in denen sich tausende von Schalen, Tellern und Tassen befinden. Man kann einen der bereit stehenden Plastikkörbe füllen und zahlt dafür einen fixen Preis. Wir schauen uns um, heben ein paar Kisten hoch, suchen und finden aber nichts, was uns wirklich gefällt.

Viel spannender ist die Begegnung mit einer jungen österreichischen Künstlerin, die als „artist in residence“ drei Monate lang in dieser Manufaktur gearbeitet hat. Sie hat in dieser Zeit eine Teekanne entworfen und gelernt, was man alles beachten muss, um die richtige Form zu finden, wie man den Henkel und den Ausguss gestaltet, so dass sie stabil sind und nicht gleich abfallen. Das Schwierigste scheint mir, zu berechnen, wie sehr das Material beim Brennen schrumpft und wie sich die Form dann verändert. In Arita hat sich inzwischen eine fast schon industriell anmutende Arbeitsteilung etabliert, erfahren wir. Einzelne Betriebe haben sich auf die Produktion von Formen spezialisiert, anderen aufs Brennen und Glasieren und andere wieder beschäftigen Leute, die die kunstvollen Motive aufbringen.

Nach einer kurzen Mittagspause steht das Kyushu Keramikmuseum auf dem Programm. Alle Informationen und Beschriftungen sind zweisprachig in Japanisch und Englisch und unter anderem in übersichtlichen Schautafeln präsentiert. Gleich im ersten Saal laufen in einer Dauerschleife Animationen, die den Entstehungsprozess der Glasur und der traditionellen Muster zeigen – als Projektionen auf der Wand und auf einer überdimensionierten Schale.

Diese Animationen haben eine verblüffende Wirkung, sie lenken unseren Blick auf viele Details und schärfen ihn. Nun sehen wir die in den nächsten Sälen ausgestellten Porzellanwaren viel genauer an, erkennen Unterschiede und Feinheiten viel besser.

Das Kyushu Keramikmuseum, 1980 gegründet, beherbergt eine beeindruckende Sammlung an Alltagsgegenständen aus Keramik und Porzellan, beginnend mit der Produktion der koreanischen Porzellanmeister, die als Kriegsbeute gegen Ende des 16. Jahrhundert nach Japan gebracht wurden. Einige dieser koreanischen Kunsthandwerker wurden in Arita angesiedelt. Nur wenige Jahre später, 1616, entdeckten diese Meister in den Bergen im Osten der Stadt Steine, die reich an Kaolin und anderen Mineralien waren, die für die Herstellung von hochwertigem Porzellan benötigt werden. Nun war die Produktion von Porzellan für die nächsten Jahrhunderte gesichert, die Herstellungsprozesse wurden verbessert und verfeinert und Arita entwickelte sich zum bedeutendsten Ort für Porzellan in ganz Japan.


Miniaturmodell eines Hang-Ofens mit aneinander gereihten Brennkammern

Mitte des 17. Jahrhunderts konnte und durfte wegen politischer Unruhen kein Porzellan aus China exportiert werden. Um den europäischen Markt weiter mit dem begehrten Porzellan zu versorgen, wurde in Arita die Produktion hochgefahren. Jetzt mussten sich die Porzellanmeister auch mit ihnen bisher unbekannten Formen beschäftigen, wie Kaffeekannen und Weinkaraffen, Salzstreuern und Senftöpfchen. Auch wurden andere Muster verwendet, nicht nur die auf Kobalt basierenden blauen Töne waren gefragt, auch die an die chinesischen Muster angelehnten vielfarbigen Motive wurden nun auf die Porzellanwaren gemalt – und in Europa dann oft noch mit Goldverzierungen ergänzt.

Vom nächstgelegenen Hafen in Imari wurden die Porzellanwaren nach Nagasaki gebracht und dort auf die hochseetauglichen Schiffe der Niederländischen Ostindien-Kompanie umgeladen. So wurde Porzellan aus Arita nach und nach weltberühmt und blieb es auch, als China wieder Porzellan exportierte.

Den Grundstock für das Museum bilden zwei Schenkung von Privatsammlungen: Kanbara Hakaru (1896-1987) sammelte Arita Porzellan aus allen Teilen Europas, also Stücke, die überwiegend für den Export hergestellt wurden; während sich die Sammlung des Ehepaars Akihiko und Yuko Shibata auf Arita Porzellan aus der Edo Periode (1603-1868) konzentrierte, das in Japan genutzt wurde.

Es gibt immer noch Manufakturen in der Stadt, die die traditionellen Formen und Muster fortführen, andere wiederum produzieren Essgeschirr für ein jüngeres Publikum, der Markt hat sich verändert. Nun wird zum Beispiel für Sternelokale in Tokio oder Kyoto sogenanntes „fine dining“ Geschirr in modernem Design hergestellt, wie in dieser Fernsehdokumentation zu sehen ist.

Ein anderer Saal zeigt großformatige Vasen von zeitgenössischen Künstlern und Designern, alles Unikate.

Unser absolutes Lieblingsstück entdecken wir in der Vitrine, wo einige Neuerwerbungen des Museums ausgestellt sind. Es ist ein nicht näher datierter Teller aus dem 18. Jahrhundert aus der Gegend von Hizen.

Auch die Gebrauchskeramik in den Toiletten ist in den typischen Arita-Mustern gestaltet, ebenso wie die Lichtschalter.

Und im Hof des Keramikmuseums steht ein großer Porzellanvogel auf einem Springbrunnen. Es ist ein Geschenk der Partnerstadt Meißen von 1987 und die Nachbildung einer Figur, die von einem der berühmtesten Meißner Künstler, Johann Joachim Kändler (1706-1775), entworfen wurde.

Zuletzt finden wir noch das berühmte „Arita Café“. Als Blickfang steht vor dem Gebäude ein Mini, der mit den unverwechselbaren Mustern des Arita Porzellans bemalt ist.

Im Café sind auf durchsichtigen Regalen hunderte von Kaffeetassen ausgestellt. Keine davon soll doppelt vorhanden sein. Die Besucherinnen und Besucher dürfen sich davon eine aussuchen und daraus ihren Kaffee trinken!

Auch hier gibt es einen Ausstellungsraum, darin eine dieser riesigen Vasen, die mich deutlich an Größe übertrifft.

Takeo Onsen

Die darauffolgenden Tage sind grau und regnerisch. Wir bleiben daheim im gemütlichen Boot und gehen höchsten mal raus zu einem Besuch im wärmenden Onsen.
Aber mit der Sonne kommt auch unsere Unternehmungslust wieder zurück: Unser Ankerplatz in der Omura Bucht liegt so günstig, dass von hier aus auch Takeo Onsen in einem Tagesausflug leicht erreichbar ist. Wie der Beiname „Onsen“ schon sagt, gibt es in diesem Ort etliche heiße Quellen und dazu schöne Parks, in denen die Touristen vor und nach dem Besuch in einem der heißen Bäder spazieren gehen können. Das alles interessiert uns dieses Mal nicht so sehr, wir wollen statt Porzellan zur Abwechslung mal wieder Keramik sehen.
Wir hatten ein Prospekt mit einer umfangreichen Liste von Keramikern aus dieser Gegend gefunden. Einige von ihnen würden wir sehr gerne in ihren Ateliers besuchen. Diese Töpfereien befinden sich allerdings alle auf dem Land außerhalb der Stadt. Am Bahnhof leihen wir uns Fahrräder aus und fahren los in die Pampa. Wir sind froh, dass wir E-Bikes bekommen haben, damit kommen wir viel schneller und bequemer durch die hügelige Landschaft.
Um zur ersten Adresse zu gelangen, biegen wir von der dicht befahrenen Hauptstraße ab und befinden uns auf einmal mitten in grünen Reisterrassen.

Google Maps leitet uns durch ein kleines verschlafenes Dorf und weiter in den Wald. Dort steht ein kleines verwunschenes Häuschen, mit ein paar Hortensien davor, im intensivsten Blau. Nur leider ist niemand da, der auf unser Klingeln und Klopfen reagiert. Wir sind ja auch nicht angemeldet! Unser Japanisch ist noch viel zu schlecht, um damit telefonieren zu können und Email-Adressen hatten wir keine gefunden.

Weiter geht’s, zurück zur Hauptstraße, in den nächsten Ort. Auch bei dieser Adresse stehen wir vor verschlossenen Türen und können nur durchs Schaufenster eine wunderschöne Sammlung von Vasen in allen Größen und Formen bewundern. Als wir die kleine Straße den Hügel wieder hinauf fahren, entdecken wir zur Linken ein Hinweisschild auf eine andere Töpferei. Wir stellen die Räder ab und gehen in den Hof, wo uns eine Frau freudig überrascht begrüßt. Unerwartete Besucher! Sie führt uns in den Schauraum der Töpferei, die sie gemeinsam mit ihrem Mann betreibt, und zeigt uns auch den angrenzenden Lagerraum, bevor sie kurz verschwindet, um für uns einen Grüntee zuzubereiten. Im Lagerraum sind ringsum tiefe Regale aufgestellt, ein weiteres in der Mitte. Hier verlieren wir uns im Schauen, so viele verschiedene Schalen und Vasen stehen hier und nicht wenige, die uns sehr gut gefallen und dazu noch erschwinglich sind!

Auch wenn wir inzwischen wissen, dass wir die doppelte der üblichen Gepäckmenge für den nächsten Heimflug zur Verfügung haben, nämlich insgesamt rund 100 kg, so können wir doch nicht unbegrenzt einkaufen. Wir beraten lange hin und her, welche der vielen schönen Vasen wir mitnehmen wollen. Die größte lassen wir dann doch da, wer weiß, ob sie den Flug unbeschadet überstehen würde.

Die nächste Töpferei befindet sich noch weiter weg von Takeo Onsen, der Weg dorthin führt uns wieder an Reisfeldern vorbei, durch kleine Wäldchen hindurch, das letzte Stück fahren wir auf einem unbefestigten Schotterweg. Zwar ist der Keramiker selbst nicht da, er bereitet gerade eine Ausstellung in Kyoto vor. Aber das ältere Ehepaar, das in der Nähe Unkraut jätet, unterbricht seine Arbeit. Es sind seine Eltern. Sie schließen die Galerie auf und zeigen uns mit sichtlichem Stolz die beiden Räume, in denen wunderschöne edle Einzelstücke ausgestellt sind!

In einer anderen Töpferei dürfen wir zuschauen, und mit der Zustimmung des Meisters filmen, wie er an der Drehscheibe einen Becher nach dem anderen formt. Überall in der Werkstatt sind die fertigen Stücke zum Trocknen aufgestellt.

Kurz vor 17.00 Uhr bringen wir die Fahrräder rechtzeitig zurück. Die junge Frau, die sie wieder in Empfang nimmt, ist sichtlich beeindruckt über den niedrigen Stand der Akkus. So weite Strecken fahren wohl die wenigsten. Wir jedenfalls sind nach diesem Tag begeistert davon, wie viel angenehmer man mit einem E-Bike unterwegs ist. Eine so lange Strecke mit so vielen Steigungen hätten wir niemals an einem Tag geschafft.

Wie in so vielen Bahnhöfen, die wir bisher in Japan gesehen haben, ist praktischer Weise alles an einem Ort versammelt: das Büro der Touristeninformation, wo man auch die Fahrräder ausleihen kann, ein Imbiss für ein schnelles Mittagessen, ein Obst- und Gemüsestand und sehr häufig auch ein Verkaufs- und Ausstellungsraum mit einer Auswahl an örtlichem Kunsthandwerk: in Takeo Onsen eben Keramiken von den Töpfereien aus der Umgebung. Wir können der Versuchung nicht widerstehen, auch hier noch einmal zwei, drei Stücke zu kaufen. Sie sind einfach zu schön!

Nebenan befindet sich ein heller Aufenthaltsraum, in dem Schulkinder auf den Zug warten. Sogar hier ist Keramik ausgestellt!

Tomodachi – Freunde in Kuchinotsu

Mai 2023

Ein weiterer Grund, weshalb wir ein paar Tage länger in Kuchinotsu verbringen wollten, waren die vielen herzlichen Menschen, die wir beim ersten Mal kennen gelernt hatten und die wir noch einmal treffen wollten.

Zur Erinnerung: Etwa drei Wochen zuvor hatten wir Kosei getroffen, der mit seinem Segelboot unterwegs nach Okinawa war. Er empfahl uns, unbedingt einige Tage in Kuchinotsu zu verbringen, und bat seinen Bruder Eiji sowie seinen Segelfreund Yamamoto, sich um uns zu kümmern. Yamamoto wiederum brachte seinen Sohn, Yamamoto Jr., zur Begrüßung mit. Wir saßen dann bei Kaffee und Keksen im Boot und lernten uns erst einmal kennen.

Yamamoto Sen. ist Kartoffelbauer und Segler. Als wir ihm erzählten, dass die Kartoffeln in Deutschland ein Grundnahrungsmittel seien, so wie der Reis in Japan, und dass wir ganz begeistert wären, wie gut die Kartoffeln auf den Inseln Okinawa und Okinoerabu schmeckten, nickte er zustimmend und erfreut: „So, so!“. Um die 20 Tonnen habe die letzte Ernte auf seinen Feldern betragen. Tags darauf bekamen wir eine große Kiste mit Kartoffeln geschenkt – so viele, dass wir damit sicherlich bis in den Sommer auskommen werden!

Yamamoto Jr. erzählte, dass seine Familie seit acht Generationen in dieser Region leben würde und seine Vorfahren ursprünglich von der Seto Inland See hierher kamen. Durch Kriege, Aufstände und die Christenverfolgung waren gegen Ende des 17. Jahrhunderts viele Menschen umgekommen und ganze Landstriche von Kyushu entvölkert, so dass die Fürsten um Bauern aus anderen Teilen Japans warben.

Eiji, der Bruder von Kosei, war früher bei der Stadtverwaltung von Shimabara für das Schlossmuseum zuständig, als Rentner arbeitet er nun freiberuflich für die regionale Zeitung und ist .u.a. Mitglied der Vulkanologischen Vereinigung. Ein naheliegendes Interesse, denn der Vulkan hier in der Nähe spuckt regelmäßig alle paar Jahrzehnte Rauch und Lava.


Eiji-san und Yamamoto-san

Am Sonntagvormittag, am Tag nach dem Fischfang-Festival, kam Eiji eigens noch einmal von Shimabara nach Kuchinotsu, denn Yamamoto Sen. hatte uns alle in ein Café eingeladen, wo wir auch eine gute Freundin von ihm trafen: Shu-san. So saßen wir in dem gemütlich eingerichteten „Café Bremen“, das mit vielen Bilder der vier Bremer Stadtmusikanten geschmückt war.


Der Inhaber des Café Bremen

Frau Shu zeigte uns anschließend ihren schönen, im japanischen Stil angelegten Garten und wir verabredeten, dass wir uns nach unserer Runde durch die Ariake See noch einmal alle in Kuchinotsu wiedersehen wollten.


Shu-san in ihrem Garten

Yamamoto-san, Andreas-san, Shu-san und Eiji-san

Als wir – wieder bei strömendem Regen – ein zweites Mal in Kuchinotsu ankamen, fuhren wir mit Eiji und seiner Frau zu einem Mittagscafé, wo Frau Shu bereits auf uns wartete. Wie sich herausstellte, war der Koch und Inhaber des Cafés ein ehemaliger Segler, der 17 Jahre lang mit seinem Boot unterwegs war, davon längere Zeit auch im Mittelmeer. Das erklärte auch die italienisch-griechisch anmutende Einrichtung und vor allem die köstlichen Spaghetti-Saucen!

Shu-san betreibt hauptberuflich die Tankstelle gleich gegenüber des Hafens. Nebenbei ist sie eine passionierte Musikerin und spielt mit Hingabe Mundharmonika. Wir beschlossen den Nachmittag bei uns an Bord mit Kaffee und Apfelkuchen und bekamen von Shu-san ein Privatkonzert geboten. Sie legte eine CD mit Begleitmusik ein und spielte auf ihren verschiedenen Harmonikas die Titelmelodie: japanische Schlager aus den 1960er Jahren, traditionelle japanische Lieder und auch „Edelweiß“ aus dem in Japan so berühmten Hollywood-Film „Sound of Music“ von 1965.

Danach holte Andreas unsere Gitarre, drückte sie Eiji in die Hand und wir sangen alle zusammen noch ein paar Lieder. „Arigato gosaimasu! Vielen Dank für die schöne gemeinsame Zeit!


Eiji-san mit seiner Ehefrau bei uns auf der Muktuk

An einem der ersten Abende in Kuchinotsu fanden wir ein Sushi-Lokal, das vom Ehepaar Kodama betrieben wird. Wir saßen an der Theke in dem kleinen heimeligen Raum und schauten ratlos auf die Karte, denn unser Übersetzungsprogramm konnte die handgeschriebenen Zeichen nicht gut entziffern. Kurzerhand rief die Dame des Hauses ihren Sohn an, der mit seiner Familie zwölf Jahre lang in den USA bzw. Kanada gelebt und gearbeitet hatte. Er und seiner Tochter, beide fließend Englisch sprechend, übersetzten dann den ganzen Abend geduldig und bereitwillig, wenn die Mama bzw. Oma immer wieder anrief, sobald wir mit dem Übersetzungsprogramm nicht weiter kamen. So durften wir wieder gleich eine ganze Familie kennen lernen. Bevor wir heim gingen, packten sie uns eine Teetasse aus Keramik ein, die sie vor gut 40 Jahren zur Eröffnung ihres Restaurants hatten anfertigen lassen.


Das Ehepaar Kodama in ihrem Sushi-Restaurant

Das Außenfenster des Sushi-Restaurants bei Nacht

Am nächsten Morgen kamen die beiden kurz zur Muktuk, um sich mit eigenen Augen von dem zu überzeugen, was wir am Vorabend erzählt hatten. Als wir sie um das Rezept ihrer Miso-Suppe fragten, die so gut und ganz anders geschmeckt hatte, als die, die wir bisher kannten, bat sie wieder ihren Sohn, uns zu erklären, wie das geht. Aber das schien ihnen nicht sicher genug, so dass sie noch einmal vorbei kamen und uns alle notwendigen Zutaten brachten, eine spezielle Miso-Sorte, Algen und außerdem noch ein Päckchen mit Äpfeln, die hier in Japan ein kleines Vermögen kosten.

Als wir wieder in Kuchinotsu waren und noch einmal zum Sushi-Essen zu ihnen gingen, brachte ich als kleines Dankeschön für die vielen Gaben ein Glas von der Orangenmarmelade mit, die ich aus den hiesigen Bitter-Orangen (einer Kreuzung aus Orange und Grapefruit) gekocht hatte. Und am nächsten Tag, als wir von unserer Wanderung zurück kamen, hing eine Tasche an der Reling und darin ein kleines Mobile aus gefalteten Kranichen mit einem lieben Gruß von ihnen. Die Kraniche hängen nun bei uns in der Messe neben dem Kolibri aus Oaxaca. Sie werden uns jedes Mal an diese liebenswürdigen Menschen erinnern und sie werden uns ganz gewiss viel Glück auf unserer weiteren Reise durch Japan bringen!

„Kuchinotsu olle“

20. Mai 2023

Unsere Rundreise durch die Ariakesee beendeten wir an unserem Ausgangspunkt, in Kuchinotsu. Ich wollte den Ort unbedingt einmal mit Sonne erleben, nicht nur bei strömendem Regen und grau verhangenem Himmel. Die Regenzeit schien in diesem Jahr sehr früh begonnen zu haben. Bereits Mitte Mai waren die sonnigen Tage rar und jeder einzelne Sonnentag wurde von uns gefeiert.

Eine große Informationstafel am Hafen versprach eine reizvolle Rundwanderung um eine kleine Halbinsel, unter dem lustigen Namen „Kuchinotsu Olle“.

Vom Fährhafen aus folgten wir der rot-blauen Markierung. Nach einem kurzen Aufstieg durch enge Gassen und am großen Tempel vorbei, erreichten wir das erste Waldstück. Von hier oben konnte man fast das gesamte Hafenbecken überblicken.

Als wir aus dem Wald heraus kamen, lag vor uns ein offenes Plateau mit sanften Hügeln. Abwechselnd ging es auf breiten Wegen und schmalen Pfaden zwischen Feldern hindurch, auf denen Eisbergsalat und Brokkoli angebaut wurden. Manche Felder sind offensichtlich nicht abgeerntet worden, der Brokkoli war bereits ausgewachsen und zeigte gelbe Blüten.

Immer mal wieder stand am Wegesrand ein Stein mit einer Inschrift, ein kleiner überdachter Schrein oder ein rotes Torii.

Von den Feldern aus konnte man am Ufer ein kleines Dorf sehen und über die Meeresenge hinweg die Küste der Insel Amakusa erkennen.

Etwa auf halber Strecke entdeckten wir einen kleinen Park mit Tischen und Bänken, direkt am Meer gelegen, perfekt für eine Mittagspause. Und daneben wieder eine Andachtsstätte.

Am steinigen Ufer waren ein paar Leute damit beschäftigt, Algen zu ernten, die anschließend von den kleineren Booten in größere geschaufelt wurden.

Auf dieser Plattform hatte man einen herrlichen Ausblick aufs Meer und den Leuchtturm, der weit ins Meer hinein gebaut war.

Wieder ging es auf schmalen Wegen dieses Mal an Kartoffelfeldern vorbei und noch einmal runter zum Meer zu einem anderen Strandabschnitt.

Hier kraxelten wir über große Steine und beobachteten ältere Menschen, die am Ufer im Wasser wateten. Als wir näher kamen, sahen wir, dass sie im mitgeführten Netz bereits eine ganze Menge von den schwarzen stacheligen Seeigeln gesammelt hatten.

Das letzte Stück unserer Wanderung führte erneut durch einen kleinen Wald, und später vorbei an Häusern mit Blumengärten und in denen Bäume voller Früchte standen.

Überall, noch auf der kleinsten freien Fläche wird Gemüse angebaut!

Über diese rote Brücke gelangten wir schließlich zur Uferstraße, die uns zurück zum Hafen brachte.

Kashima und Tara – der Tag der roten Tore

15. Mai 2023

Sake, Samurai und den größten Inari-Schrein von Kyushu – das alles gibt es in Kashima zu sehen. Allerdings ist es mit dem Boot unmöglich, direkt zu diesem Städchen zu fahren. Im nördlichen Teil der Ariake-Bucht, wo Kashima liegt, beträgt der Tidenhub bis zu 6 Meter und bei Ebbe fällt eine große weite Wattfläche trocken.

Also suchen wir den nächstgelegenen Hafen, wo wir die Muktuk parken können. Von Kumamoto aus tuckern wir einmal quer über die Bucht nach Hizen-O-Ura. Die Schwimmstege hier sind mit zwei großen Arbeitsschiffen belegt, aber im großen Hafenbecken ist ausreichend Platz zum Ankern. Hizen-O-Ura ist ein ruhiger kleiner Ort mit einem Supermarkt, einem Hotel, und vier Restaurants, von denen zurzeit nur eines in Betrieb ist. Im Hotel am Hafen dürfen wir den hauseigenen Onsen benutzen – außerhalb der Reisesaison haben wir das Bad ganz für uns, mit Blick aufs Meer und die Muktuk.

Von Hizen-O-Ura fahren fast stündlich Züge nach Kashima, in weniger als einer halben Stunde sind wir da. Fünf Minuten zu Fuß vom Bahnhof Kashima finden wir die Häuser, in denen früher die Samurai gelebt haben. Alle Gebäude sind sorgfältig renoviert worden, eine ganze Straße davon ist erhalten geblieben. Samurai gibt es schon lange nicht mehr, dafür beherbergen die alten Häuser heute Sake-Brauereien, auch finden wir einen Betrieb, in dem feine Soja-Sauce hergestellt wird.

Touristen sind wenige unterwegs an diesem Montagvormittag und wir scheinen die einzigen Ausländer hier zu sein. Am Ende der Straße entdecken wir einen Laden, der Touristeninformation, Andenkengeschäft mit lokalen Produkten für die obligatorischen Mitbringsel sowie Schaubrauerei in einem ist. Wir kommen nicht umhin, zwei Schluck Sake zu probieren sowie Sake-Bonbons und Nori-Blätter mitzunehmen.

Unterwegs zum Inari-Schrein, der weit draußen am Rande der Stadt fast schon in den Bergen liegt, gibt es viel zu sehen. Wir gehen ein Stück am Fluss entlang, entdecken einen verwunschenen kleinen Schrein auf einer Anhöhe, sehen wieder schöne freistehende Häuser im traditionellen Stil mit kunstvoll zurecht gestutzten Bäumen und Steingärten, kommen an einem kleinen Friedhof vorbei, der mit interessanten Statuen versehen ist. Und überall diese wunderbaren Blumenbeete und Sträucher.

Bevor man zum Schrein kommt, wird man durch eine Straße mit Andenkenläden und Restaurants geführt – vor der Pandemie sollen drei Millionen Menschen jährlich die Anlage besucht haben.

Neben dem Schrein entdecken wir ein Schild mit dem Hinweis auf einen Japanischen Garten. Hinter einer hohen dichten Wand aus Bambus versteckt sich ein wunderschöner kleiner Park, dessen Gestaltung sich an den Lauf eines Bächleins anpasst. Die rote Brücke ist ein toller Blickfang und ein starker Kontrast zum satten Grün der Pflanzen drum herum.

Der Inari-Schrein, auf hohen Stelzen an den Berg gebaut, erhebt sich hinter dem nicht minder imposanten Eingangstor – es ist die drittgrößte Anlage dieser Art in Japan.

Vom geräumigen Innenhof steigen wir die Treppen zum Hauptschrein hoch. Dort kann man Münzen in ein Kästchen werfen und sich in ein kurzes stilles Gebet versenken. Hier wird die in Japan sehr beliebte Göttin Inari angerufen, die Menschen bitten um Glück, Kindersegen, beruflichen Erfolg und sichere Reise.

Auf einem Schild erkennen wir neben den japanischen Schriftzeichen nur den Hinweis: 300 Meter. Damit sind Höhenmeter gemeint, wie wir irgendwann feststellen. Diese muss mach überwinden, wenn man vom Hauptschrein zum Okunoin Schrein ganz oben auf dem Berg pilgern möchte. Der Weg führt durch mehrere lange Tunnel aus roten  Torii durch. Am Wegrand stehen viele schier unübersichtlich angeordnete Andachtsstätten: von einem riesigen Stein, der mit Tüchern und einem Torii gekennzeichnet ist, bis zu einer kleinen Statue mit einem rot angemalten Miniaturschrein davor, sind alle Größen und Varianten vorhanden. Wir bleiben immer mal wieder stehen, um Fotos zu machen und Luft zu holen, der Weg ist teilweise wirklich sehr steil.

Zurück auf Tempel-Normalnull schauen wir noch im Museum vorbei. Dort sind die Schätze der fürstlichen Familie Nabeshima ausgestellt. Ein ganzer Raum widmet sich Kazanin Manko-hime, der Ehefrau des Fürsten Nabeshima Naotomo, die bereits zu Lebzeiten für ihre Güte und ihre Dichtkunst gerühmt wurde. Ihr zu Ehren baute der Fürst 1687 diese ganze Anlage und einen Blumengarten mit Teich dazu. Der Garten stellt in Miniaturform die Gegend von Kyoto nach, aus der die Fürstin stammte; damit wollte der Fürst ihr Heimweh etwas lindern.

Nach einem langen Fußmarsch zurück in den Ort, finden wir in diesem Holzhaus ein Restaurant mit einer Auswahl an köstlichen Mittagsmenüs. Inzwischen haben wir gelernt, wie man mit Stäbchen einen gekochten Fisch zerlegen und essen kann, auch wenn wir diese Kunst noch lange nicht so souverän beherrschen wie die vier Damen am Nebentisch, die für eine Weile ihre fröhlichen Gespräche unterbrechen, um sich konzentriert ihrem Fisch zu widmen.

Auf dem Rückweg machen wir einen Zwischenstopp in Tara. Hier sind rote Torii-Tore vom Ufer bis ins Meer hinein aufgestellt. Bei Niedrigwasser fallen sie trocken und man kann durch sie hindurch spazieren.

Die Burg in Kumamoto

13. Mai 2023

In Kumamoto befindet sich eine der drei größten und bedeutendsten Burgen von Japan, die wir uns auch anschauen wollen. Das Wetter spielt an diesem Tag leider nicht so mit, alles ist grau und regennass. Am frühen Vormittag sind noch kaum Touristen unterwegs, als wir uns erst einmal die Anlage unterhalb der Burg anschauen: zwei kleine Straßen mit traditionellen Holzhäusern, in denen früher Samurai gewohnt haben sollen und in denen sich heute Andenkenläden und Restaurants befinden.

Erbaut wurde die Burg von 1599-1607 in der heutigen Größe unter der Leitung des Fürsten Kato Kiyomasa (1562-1611). Er kümmerte sich um den Wiederaufbau seiner Provinz Higo, der heutigen Präfektur Kumamoto, die in den letzten Kriegswirren sehr gelitten hatte. Unter anderem wurden Wälder aufgeforstet, Reisfelder angelegt und Entwässerungskanäle gebaut, die auch heute noch genutzt werden. Er baute den Handel mit den Portugiesen und der Spaniern aus und bewirkte insgesamt einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Region. Die Menschen hier erinnern sich auch heute noch mit Dankbarkeit an ihn. Hier ein Denkmal des Fürsten, das ihn mit dem damals charakteristischen Spitzhut zeigt.

Während der sogenannten Satsuma-Rebellion von 1877, brannten große Teile der Holzkonstruktion des Schlosses unter bis heute ungeklärten Umständen ab. Trotzdem konnte die Burg einer Belagerung von über 50 Tagen Stand halten – in der historischen Aufarbeitung im Burgmuseum wird dieser Sieg als ein wichtiger Meilenstein in der Niederschlagung der Rebellion gewertet. Nach der Öffnung Japans fanden große politische und gesellschaftliche Umwälzungen statt, die historisch unter dem Stichwort Meiji-Restauration zusammengefasst werden. Gegen den Kurs der neuen Regierung mit ihrer Ausrichtung auf westliche Werte gab es erheblichen Widerstand.

Diese hohen dicken Mauern sehen tatsächlich unüberwindlich aus.

Erst 1960 wurden die Hauptgebäude der Burg nach alten Plänen neu gebaut und feierlich eingeweiht. Während des verheerenden Erdbebens von 2016 auf der Insel Kyushu wurde die ganze Anlage sehr stark beschädigt. Beim Wiederaufbau wurden die Fundamente mit beeindruckend massiven Stahlträgern verstärkt, die wiederum mit einer Hydraulik-Vorrichtung versehen sind.

Inzwischen ist die Burg wieder zugänglich – und ein beliebtes Foto-Motiv für Besucher aus aller Welt.

An diesem Nebengebäude sind die Schäden des Erdbebens noch gut sichtbar.

Das Burgmuseum erstreckt sich über vier Stockwerke und behandelt die Geschichte der regierenden Adeligen, zeigt den Verlauf der Satsuma-Rebellion und berichtet ausführlich über den Bau und die verschiedenen Phasen des Wiederaufbaus der Burg.

Die beiden Mädchen folgen gebannt einem Film über die Belagerung der Burg.

Im schmalen oberen 6. Stockwerk hat man einen wunderbaren Ausblick über die Stadt. Moderne und Tradition auf einen Blick.

Am Nachmittag besuchen wir das Shimada Kunstmuseum, das sich etwas abseits vom großen Trubel der Innenstadt in einer ruhigen Wohngegend befindet. Es beschäftigt sich hauptsächlich mit der Kultur der Samurai von Kumamoto, insbesondere mit einem der berühmtesten Vertreter seiner Zunft, dem Samurai Miyamoto Musashi. Dieser ließ sich nach seiner aktiven Zeit auf Einladung des Fürsten in Kumamoto nieder und betätigte sich fortan als Künstler und Schriftsteller. Sein „Buch der fünf Ringe“ gilt auch heute noch in Japan als ein bedeutendes und wegweisendes Werk.

In einem Raum des Museums werden die Besucher aufgefordert, sich auszuruhen und den Garten durch die große bis zum Boden reichende Fensterscheibe zu betrachten.

Das kleine gemütliche Café des Museums ist liebevoll eingerichtet und bietet dazu allerlei Kunsthandwerk und Postkarten zum Verkauf an.

Noch mehr Keramik in Amakusa

  1. – 11. Mai 2023

In den nächsten Wochen wollen wir kreuz und quer durch die geschützte Bucht der Ariake-See auf der Westseite von Kyushu tuckern. Es gibt hier viel zu entdecken und die Sehenswürdigkeiten liegen alle nicht weit auseinander. Und da sind ja auch noch die vielen Keramikwerkstätten auf der Insel Amakusa, von denen wir erst zwei besucht haben.

Von Kuchinotsu ist es nur ein kleiner Sprung rüber zum Hafen Hondo auf Amakusa. Wir haben mit einem Gegenstrom zu kämpfen, so dass wir teilweise nur mit 2kn Fahrt vorankommen und obendrein regnet es schon wieder. Gegen Abend wird der Regen deutlich stärker und auch Wind kommt auf, der gar nicht vorhergesagt war. Der große Schwimmsteg, an dem wir in diesem Hafen liegen, ist gar nicht gut geschützt. Bei Dunkelheit verlegen wir die Muktuk auf die andere Seite des Schwimmsteges, wo es immerhin geringfügig besser ist. In der Nacht schlafen wir kaum, zu unruhig sind die Bewegungen des Bootes, zu laut knarzen und quietschen die Leinen und Fender. In der Früh nehmen Wind und Welle noch einmal an Stärke zu und wir legen zusätzliche Leinen, um das Boot zu sichern. Die Muktuk wird heftig hin und her geworfen, einer unserer neuen japanischen Fender wird fast zwischen Boot und Steg zermahlen und ich werde im Hafen seekrank!

Immerhin scheint nun die Sonne und so beschließen wir, die Muktuk soweit gesichert, am Steg alleine zu lassen und machen uns auf den Weg in den Ort. Zuerst suchen wir in den beiden Gebrauchtwarenläden der Stadt nach einem Hartschalen-Koffer und finden tatsächlich einen richtig großen, stabilen mit Rollen. Nun können wir beruhigt weiter Keramik einkaufen!

Alle Töpfereien der Insel sind auf einer übersichtlichen Karte verzeichnet, die das Tourismusbüro von Amakusa herausgegeben hat. Hier, in und um Hondo-Amakusa herum, gibt es etliche Werkstätten, die wir zu Fuß erreichen können.

Auf dem Weg zu den einzelnen Töpfereien bewundern wir die vielen schönen Häuser und die liebevoll gestalteten Vorgärten, manche Besitzer haben Blumenbeete angelegt und ziehen dazwischen Gemüse. Ein für uns schon sehr vertrauter Anblick.

Wir spazieren auch durch die große Parkanlage, wo im Frühling die Kirschbäume blühen und in ein paar Wochen der große Liliengarten in voller Blüte stehen soll.

Hier ein paar Impressionen von den Häusern und ihren Gärten, dem Park sowie den Töpfereien mit ihrer schönen Keramik.

Töpfermarkt in Arita

  1. und 3. Mai 2023

Als wir unsere Route für die ersten Monate in Japan entlang der Westküste von Kyushu planten, wollten wir dieses Mal Arita nicht auslassen. Und dann entdeckten wir bei unseren Recherchen, dass in Arita während der „Goldenen Woche“ der wohl größte Töpfermarkt Japans stattfinden würde!

500 Anbieter, die auf einer Strecke von knapp drei Kilometern verteilt ihre Waren anbieten: So stellt man sich den Himmel auf Erden vor, wenn man sein Herz an japanische Keramik verloren hat.

Keramik hat in Japan eine Tradition, die Jahrtausende alt ist. In vielen Teilen des Landes gibt es berühmte Töpfereien, mancherorts sind ganze Keramikdörfer entstanden, die ihren ganz eigenen Stil über Generationen hinweg behalten haben und auch heute noch pflegen. Porzellan wird in Japan allerdings erst seit vergleichsweise kurzer Zeit hergestellt. Porzellan-Meister, die aus Korea als Kriegsbeute nach Kyushu verschleppt wurden, fanden 1616 in den umliegenden Bergen von Arita Kaolin und etablierten hier und in anderen Teilen des Landes eine neue Tradition der Porzellanproduktion. Nur wenige Jahrzehnte darauf sorgte u.a. ein Deutscher, Zacharias Wagner, für die Verbreitung des japanischen Porzellans in Europa. Nicht zu verwechseln mit Gottfried Wagener, einem deutschen Ingenieur, mit dessen Hilfe im 19. Jahrhundert in Arita die Brennöfen auf Steinkohle umgestellt wurden und somit die Produktionsbedingungen verbessert werden konnten.

Und dann klappte es tatsächlich, dass wir unseren Plan einhalten konnten und rechtzeitig zur „golden week“ da waren. Wir parkten die Muktuk am Fähranleger in Mogi, wie vor vier Jahren schon einmal. Von hier aus fuhren wir mit dem Bus zum Hauptbahnhof nach Nagasaki und weiter mit dem Regionalzug nach Arita.

Der Töpfermarkt erstreckte sich durchgehend auf einer drei Kilometer langen Straße, beginnend am Bahnhof Arita bis zur nächsten Bahnstation Kami-Arita: Links und rechts reihte sich ein Stand an den anderen.

Normalerweise befinden sich in dieser Straße bereits viele Porzellangeschäfte, die das ganze Jahr über Waren aus Arita anbieten. Aber zusätzlich dazu müssen noch Wohnstuben und Garagen ausgeräumt worden sein, um den angereisten Anbietern Verkaufsflächen zur Verfügung zu stellen. Zudem waren viele mobile Stände an Mauern und auf freien Plätzen aufgebaut. Die meisten provisorischen Stände waren ansprechend dekoriert, hatten die Ware kunstvoll präsentiert. Andere wiederum begnügten sich mit großen Plastikkisten, in denen die Kundschaft auf der Suche nach Schnäppchen wühlen konnte.

Auf den ersten Blick bot sich ein wildes Durcheinander von Keramikwerkstätten und Porzellanmanufakturen, die ihre Jahresproduktion anboten; Zwischenhändler, die zum Teil auch Ausschussware in den Kisten zum Verkauf bereit hielten; exquisite Antiquitätenhändler und nicht zuletzt Trödler mit Flohmarktware. Keramik und Porzellan für den täglichen Gebrauch konnte man in diesen Tagen für ein Drittel ihres Ladenpreises erstehen. Nicht alles wurde verschleudert, viele schöne Einzelstücke kosteten mitunter ein kleines Vermögen und wir begnügten uns mit dem Genuss des Betrachtens.

Zwischendurch entdeckten wir einen Laden mit Holz- und Lackwaren, einen Stand mit schönen Stoffen, eine Kiste mit alten japanischen Tuschezeichnungen, alles Kostproben der Kunsthandwerke, die in Japan über die Jahrhunderte hinweg zur Perfektion gereift sind.

Der Himmel auf Erden kann allerdings auch anstrengend werden. Stundenlang Läden und Stände abklappern, dabei in Grabbelkisten wühlen, die Regale entlang gehen und in der Fülle der Angebote jene Stücke finden, die uns gefallen; dann beraten, ob wir die eine oder andere Vase mitnehmen wollen; überlegen, ob diese Schale oder jener Becher vielleicht als Geschenk in Frage käme. Zwischendurch eine Pause einlegen, einmal Luft holen, von einem der mobilen Stände eine Portion Nudeln holen, um danach gestärkt weiter machen zu können.

Als ich auf dem Rückweg im Zug die vielen Fotos durchging, die ich an diesem Tag mit meinem Mobiltelefon gemacht hatte, entdeckte ich viele Stücke, die ich doch sehr gerne mitgenommen hätte. Nach einigem Überlegen entschloss ich mich, ein weiteres Mal nach Arita zu fahren – Andreas erklärte mich für verrückt und wollte nicht noch einmal die Fahrt von dreieinhalb Stunden auf sich nehmen. Allerdings brauchte ich einen Tag Pause dazwischen. Am fünften Tag der Goldenen Woche stand ich wieder bereit, mich ins Getümmel zu werfen. An diesem Tag waren viel mehr Menschen unterwegs, und die Regale und Grabbelkisten waren bereits deutlich ausgedünnt, so dass ich nach einigen der von mir ersehnten Stücke gründlicher suchen musste oder aber sie nicht mehr fand, weil sie längst verkauft waren.

Erfahrene Töpfermarktbesucher reisten gleich mit einem Rollkoffer an oder hatten ein ausklappbares Wägelchen dabei, in das sie ihre Einkäufe gut verpackt verstauen konnten. Sicherheitshalber hatte ich nur meinen Rucksack und zwei Taschen dabei, sonst wäre ich sehr versucht gewesen, auch so viel mitzunehmen.

Auch am Ende meines zweiten Tages in Arita schwirrte mir der Kopf und wenn ich die Augen zumachte, sah ich immer noch Teller, Tassen und Vasen vor mir. Solch eine Menge und Vielfalt an Keramik und Porzellan hatte ich noch nie in so kurzer Zeit an einem Ort gesehen und es dauerte ein paar Tage, bis ich alle Eindrücke verarbeitet und sortiert hatte.

Über die Geschichte der Keramik und des Porzellans in Japan ist viel geschrieben worden. Hier sind ein paar Links dazu:

Die Geschichte des Porzellans von Arita und Imari: (https://de.wikipedia.org/wiki/Imari-Porzellan)

Die Geschichte des Porzellans: https://de.wikipedia.org/wiki/Porzellan

Die Entwicklung der Keramik in Japan und die sogenannten „Sechs Öfen“: https://de.wikipedia.org/wiki/Rokkoy

Ein interessanter Blog über  Tee und Teekeramik: https://blog.teekeramik.com/einfuehrung-in-die-eigentuemlichkeiten-japanischer-keramik/

Amakusa – Porzellan und Keramik

28. – 29. April 2023

Wer bitte segelt in Japan ohne Ingwerreibe?

Die aus Plastik zählt nicht, es sollte schon eine aus Porzellan sein. Vor vier Jahren hatten wir auf der Insel Amakusa in einer Porzellanmanufaktur eine gesehen, aber leider nicht mitgenommen. Wir erinnern uns, dass uns das Libellenmotiv damals so gut gefallen hatte und würden gerne überprüfen, ob das auch heute noch so ist.

(Unser Besuch auf Amakusa von 2019)

Das Wetter spielt mit, wir können beruhigt in der Bucht vor dem Ort Takahama ankern, finden auch wieder den Weg zum Ladengeschäft, wo es die Ingwerreibe tatsächlich immer noch gibt. Mit dem hübschen Libellenmotiv ist eine ganze Linie verziert: Teller, Schalen, Becher.

Das Museum nebenan ist heute allerdings geschlossen, nur eine schläfrige Katze bewacht den schönen Innenhof und die Blüten der Orangenbäume verströmen einen betörend berauschenden Duft.

Am nächsten Tag wollen wir zu einer Töpferei, die wir noch nicht kennen. Sie liegt gerade mal eine Bucht weiter nördlich. Es ist eine Anreise der besonderen Art: vorsichtig tasten wir uns in die unkartierte Bucht hinein, wo wir die Muktuk für eine kurze Zeit vor Anker liegen lassen können. Es regnet in Strömen, ein Schirm ist nutzlos, der Wind treibt den Regen fast senkrecht übers Wasser. Es mag etwas übertrieben aussehen, aber nur mit unserem orangenen Ölzeug und den Gummistiefeln aus Alaska bleiben wir trocken.

Wir binden unser Dinghi in einem kleinen Hafen hinter hohen Schutzmauern fest. Die schwarzen Ziegeldächer der vielleicht zehn Häuser im Dorf glänzen dunkel im Regen und das Grün leuchtet noch satter im Kontrast dazu. Gleich im ersten Haus am Hafen befindet sich die Töpferei, die wir suchen. Das Ehepaar Kameyama lebt und arbeitet hier. Sanae stammt von der Insel, hat in Arita ihr Handwerk gelernt und konnte ein Jahr lang an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle studieren. Ihr Mann, Go, stammt aus Tokio und hat die Keramik-Schule in Karatsu besucht. Über die Jahre hinweg haben sie in Anlehnung an ihre berühmten Lehrstätten ihren ganz eigenen Stil entwickelt.


Sanae und Go Kameyama

Der Schauraum ihrer Töpferei ist in warmen Tönen gehalten, ein Teil des Raumes mit Tatami-Matten ausgelegt und eine Ecke für die traditionelle Teezeremonie eingerichtet. In Regalen an den Wänden, auf alten Truhen und einem großen Holztisch sind die Keramiken aufgestellt. Uns gefallen auf Anhieb viele der Tassen und Vasen, die die beiden hergestellt haben und es fällt uns richtig schwer, uns auf einige wenige zu beschränken.


Diese Vase ist leider viel zu groß für unseren Koffer.

Sanae zeigt uns noch ihren großen Brennofen, der mit Holz angefeuert wird und den sie nur vier Mal pro Jahr anheizen. Für schnellere Aufträge nutzen sie einen kleineren Gasofen in der Werkstatt nebenan.

Sanae verschwindet kurz, um unsere Sachen einzupacken. Als sie zurück kommt, sehen wir, dass sie auf die braune Papiertüte die Skizze eines Segelbootes mit zwei Masten hingeworfen hat – mit sicherer Hand in japanischem Stil hat sie die Muktuk sehr genau getroffen, dabei hat sie nur aus weiter Entfernung durch graue Regenschleier das Boot sehen können. Unglaublich, wir sind begeistert! Wir wollen die Skizze unbedingt behalten und vielleicht sogar einrahmen. Daher packe ich die Tüte ganz sorgfältig ein, damit sie nicht zerknittert und vor allem auf dem Rückweg zum Boot nicht nass wird.

Durch den strömenden Regen stapfen wir zurück zum Hafen, Sanae und Go kommen mit dem Auto nachgefahren und winken uns noch eine Weile zum Abschied von der Mole aus. Wir gehen gleich wieder Anker auf und segeln weiter rüber zum Festland mit Ziel Mogi (bei Nagasaki).

Die Insel Okinoerabu

11. – 13. April 2023

Von Okinawa los zu kommen, ist nicht einfach. Nicht nur der vielen Bande wegen, die wir hier in so kurzer Zeit geknüpft haben, auch weil der Wind meist aus Nord weht und genau nach Norden zum Japanischen Hauptland wollen wir. Wind zum Hochsegeln gibt es immer nur für höchstens 2-3 Tage. Zwischen Okinawa und Kyushu liegen wie auf einer Schnur aufgereiht viele schöne Inseln, da können wir zwischendurch Pause machen, denn in einem Rutsch werden wir diese Strecke nicht schaffen können.
Endlich ist ein Wetterfenster da, das einigermaßen moderaten Wind aus der richtigen Richtung und wenig Welle verspricht. Aber kaum sind wir aus der großen Bucht draußen, müssen wir feststellen, dass der Wind eine viel stärkere Nordkomponente hat als vorhergesagt, wir kommen die ersten zwanzig Meilen sehr langsam voran und können nur mit Unterstützung des Motors hoch am Wind segeln.
Am nächsten Tag lässt der Wind schon wieder nach, so dass wir beschließen, nicht weiter zu fahren, sondern bereits auf der Insel Okinoerabu einen Stopp einzulegen und dort auf das nächste Wetterfenster zu warten.
Im Süden der Insel befindet sich das Dörfchen namens China, wo wir im Fischereihafen anlegen. Es ist erst mittags, also viel Zeit, um heute schon einmal den Ort zu erkunden. Gleich gegenüber am Hafen liegt ein großes Hotel, wo wir uns mit Informationsmaterial über die Insel eindecken und erfahren, dass gleich nebenan ein öffentliche Bad sei. Wunderbar, das erste „Sento“, seitdem wir in Japan angekommen sind.

Frisch geschrubbt und gebadet gehen wir am Abend noch einmal los und entscheiden uns für ein kleines Fischlokal, das von außen ganz unscheinbar daher kommt. Innen sieht es sehr gemütlich aus, ein kleiner Raum mit drei, vier Tischen und einer kleinen Theke, dahinter die Küche. Es gibt keine Speisekarte (schon einmal gut für uns, denn lesen könnten wir sie sowieso nicht). Man isst, was sich der Koch für den Abend ausgedacht hat, nämlich eine Folge von Gerichten, die nacheinander für alle Gäste zubereitet werden: eingelegter Tofu, Sashimi, Schnecken, eine Suppe mit gekochtem Fisch in einer köstlichen Brühe mit Daikon-Rettich und Lauch, frittierte Kartoffelbällchen mit Pilzen, eine zweite Suppe mit Tofu, Gemüse und Hühnchen… wir zählen mit, es sind insgesamt 10 Gänge! Jedes einzelne Gericht ist eine Überraschung und schmeckt hervorragend. Wir dürfen an der Theke sitzen und können dem Koch zusehen, wie er die Gerichte vorbereitet, was sehr spannend ist. Er beobachtet unsere Reaktionen und freut sich sichtlich, dass wir sein Essen so genießen. Mir scheint, dass er uns immer etwas mehr als den anderen Gästen in die Schalen füllt.

Zwischen den Gängen unterhalten wir uns mit seiner Frau, die ein bisschen Englisch spricht und nachdem er mit dem Kochen fertig ist, setzt auch er sich noch ein bisschen zu uns. Wir erfahren, dass er viele Jahre lang in Tokio auf dem berühmten Fischmarkt gearbeitet hat und sie früher Krankenschwester war. Seit ungefähr 13 Jahren lebt er auf der Insel, zunächst als Farmer und seit sieben Jahren betreiben sie nun gemeinsam das Restaurant. Sie packen uns jeweils ein großes Stück von dem geräucherten Thunfisch und Tintenfisch ein, die uns so gut geschmeckt haben und geben uns noch eine Tüte mit frischen Kartoffeln mit, für die die Insel so berühmt ist. (Und die wirklich gut sind, schmackhaft und mehlig, genau wie wir sie gerne essen!)

Als Dankeschön und auch weil wir gerne in Ruhe etwas mehr Zeit mit ihnen verbringen möchten, laden wir sie für den nächsten Tag zum Frühstück auf die Muktuk ein. Yuhiko und Kumihiko fühlen sich sehr wohl auf Okinoerabu, erzählen sie uns, während Andreas Waffeln backt. Sie bereuen es nicht, aus der Großstadt Tokio hierher gezogen zu sein. Beide sind gute Sportler, Läufer, und haben letztes Jahr das erste Marathon auf der Insel organisiert, genauer gesagt: ein Ultramarathon. Dieses Jahr im November soll es das zweite Mal stattfinden.
Kunihiko fragt, was wir heute noch vorhaben, er möchte, dass wir unbedingt Freunde von ihm besuchen. Wir wollen eine Wanderung machen, vielleicht bis zum Observatorium. Das Haus der Freunde liegt auf dem Weg, und Kunihiko ruft sofort bei ihnen an, um uns anzukündigen.
Noch ein gemeinsames Foto vor der Muktuk mit den beiden und eine herzliche Verabschiedung, dann ziehen wir los.


Die Hand soll den Umriss von Okinoerabu symbolisieren

Hinter dem Dorf wird es richtig grün. Die wilden Mandarinen am Straßenrand leuchten so schön in der Sonne. Sie sind innen etwas klein und haben viele Kerne, schmecken aber sehr gut.

Die Kartoffelernte ist in vollem Gange, viele Felder sind bereits abgeerntet und dürfen bis zum Herbst ruhen bzw. werden mit Pflanzen bestückt, die ein bisschen Dünger in die Erde bringen. Auf den ersten Blick wirkte die Erde sehr fruchtbar, was sie aber gar nicht ist, wie wir später erfahren. Zuckerrohr und Kartoffeln kommen allerdings mit dieser Erde gut zurecht.

Wir finden auf Anhieb das Haus von Prof. Emile Ishida und seiner Frau Ako. Sie bitten uns auf einen Tee herein. Emile war Mineraloge, seit seiner Emeritierung betreut er weiterhin viele spannende Projekte an der Schnittstelle zwischen Umweltschutz und Technologie, u.a. auch auf dieser Insel. Seine Frau spricht fließend mehrere Fremdsprachen und hat früher als Übersetzerin im Bereich Keramik gearbeitet. Wir erzählen ihnen, dass wir fasziniert sind von japanischer Keramik, worauf sie uns den Ausstellungskatalog eines bekannten Keramikers zeigen und ein paar besonders schöne Keramiken aus ihrer Sammlung. Zudem nennen sie uns einige berühmte Keramik-Ortschaften, die wir unbedingt besichtigen sollten.

Von den vielen Inseln zwischen Okinawa und Kyushu hat ihnen Okinoerabu auf Anhieb gefallen, so dass sie beschlossen, sich hier niederzulassen. Hier haben sie ein großes Grundstück gekauft, mitten im Grünen, und mit Hilfe eines Architekten ein wunderbares Haus entworfen. Wir würden gerne noch länger mit ihnen reden und sie auch auf die Muktuk einladen, aber sie müssen für einige Tage verreisen und noch einiges vorbereiten, und so verabschieden wir uns von ihnen, reich beschenkt mit spannenden Gesprächen und mit einem Buch von Prof. Emile sowie einer Flasche italienischem Rotwein aus seinem selbst gebauten Weinkeller (trotz unserer Proteste und Versicherungen, dass wir im Sommer ein paar Tage in Italien verbringen wollen.)

Wir wandern weiter und finden nach einigem Suchen unser Ziel: den Aussichtssturm, von wo aus wir einen beeindruckenden Rundblick auf die Weiten der Insel haben.

Gegen Abend kommt eine Freundin von Yukiko mit ihren beiden Töchtern, sieben und drei Jahre alt, vorbei und bringt uns eine Tüte voll mit Kartoffeln von ihren Feldern. Sie und ihr Mann sind Farmer und bauen Biokartoffeln an, ganz ohne Pestizide. In den nächsten Tagen beginnen auch sie mit der Ernte, die Mädchen freuen sich schon darauf. Leider können wir ihnen das Schiff nicht zeigen, sehr zum Bedauern der ernsthaften Siebenjährigen: es ist gerade Niedrigwasser, der Abstand von der Kaimauer zum Deck der Muktuk beträgt ungefähr zwei Meter. Ohne Leiter ist es unmöglich, an Bord zu kommen.
Am Tag darauf wollen wir gleich nach dem Frühstück los, das nächste Wetterfenster ist da. Wie gerne würden wir noch länger auf dieser zauberhaften Insel bei diesen liebenswürdigen Menschen bleiben. Wer weiß, vielleicht würden wir dann auch ein Grundstück kaufen, ein Haus bauen und Kartoffeln züchten.