Manfred und die Schokoladenfabrik

Auf unserem Spaziergang durch Hakahetau (Ua Pou) treffen wir zufälligerweise auf Therèse, die ihrer Tante im Dorf bei der Verarbeitung von Brotfrüchten hilft. Wir werden zum Kaffee eingeladen und erfahren, dass ihr Mann aus Deutschland sei. Mit einer schweren Tasche voller Pampelmusen und einer Brotfrucht zum Grillen verabschieden wir uns, sind aber für den nächsten Tag um 7h an der Hafenmole verabredet: sie wohnen etwa drei Kilometer weit weg, das erste Mal fahren wir mit einem Pickup das Tal hoch.

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„Manfred Ville“ lesen wir über dem Tor, zwei junge Hunde kommen den Weg herunter gerannt, außer sich vor Freude, dass Therèse wieder da ist. Blumen und bunt gemusterte Sträucher säumen den Weg zum Haus, ein kleiner Swimmingpool mit Gartenmöbeln kommt in Sicht, Obstbäume, Pflanzen in Töpfen. Hühner mit ihren Küken picken im Garten, Hähne stolzieren dazwischen herum.
Manfred muss erst die Hunde wieder beruhigen, bevor wir ihn begrüßen können.

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Manfred Drechsler

Wenig später sitzen wir alle, Jonas der Segler ist mit uns mitgekommen, in der gemütlichen Küche bei frisch gebackenem Brot und Guavenmarmelade, um uns herum wuseln Katzen und Kätzchen, und auf unsere Frage, seit wann Manfred denn hier lebt, beginnt er, aus seinem Leben zu erzählen.

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Er war Handwerker, Fliesenleger, besaß eine Sauna in der Nähe von Münster. Irgendwann hatte er zu viel Ärger um die Ohren und „die Schnauze voll“ und nach einem Bericht über die Südsee, Tahiti, beschloss er von einem Tag auf den anderen, dorthin auszuwandern. Der Neubeginn war nicht einfach, aber dann lernte er Hubschrauber und Kleinflugzeuge zu fliegen und verbrachte ein paar spannende Jahre in Tahiti. Vor zwanzig Jahren hat er zusammen mit seiner Frau Therèse dieses Grundstück gekauft und sich da ein kleines Paradies eingerichtet.

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Das Haus gebaut, den Hang gerodet, Strom kommt aus einem selbst gebastelten Kraftwerk, das Wasser aus den Felsen nutzend. Und jede Menge Obstbäume hat er angepflanzt, neben Mango, Sternfrüchten, Papaya, Pampelmusen, Orangen und Limetten hat er Macadamia-Bäume, Linsensträucher, ein paar noch kleine Kaffestauden und Kakaobäume!

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Linsenstrauch

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Makadamia-Nuß

Stolz erzählt er, wie lange er ausprobiert hat, um die richtige Konsistenz für seine Schokolade zu finden und die passende Füllung für Pralinen dazu. Dann holt er aus dem Kühlschrank die Formen und lässt uns probieren: ein Gedicht! Dunkelste Schokolade mit Limettenfüllung und Ganasche. Und seine neueste Kreation, Pralinen mit einer Füllung aus Macadamia-Nüssen. Wir sind begeistert und kaufen etliche Pralinen und Schokolade pur als Tafel. Im Kühlschrank hält sie sich wunderbar.

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Pralinen mit Limettenfüllung

Manfred zeigt uns noch einen Artikel in der Zeitschrift „Klettern“ und einen langen Bericht im Jahrbuch des Deutschen Alpenvereins von 1999 über Bergsteigen auf den Marquesas. Zwei deutsche Bergsteiger sind in dem Jahr die imposanten Felsen von Ua Pou das erste Mal hochgeklettert. Sie campierten bei Manfred im Garten und einer von ihnen drehte dann noch einen Film, den wir uns gemeinsam anschauen.

Therèse und Manfred packen uns zwei schwere Taschen voller Obst ein, das uns später mit dem Pickup nachgeliefert wird. Wir laufen den Weg zurück zu Fuß hinunter.

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Am nächsten Tag gehen wir noch mal zu ihnen hoch mit frisch gemahlenem Vollkornmehl (Weizen, Roggen) und Trockensauerteig. Vorher noch machen wir einen Abstecher zum Wasserfall, zusammen mit den drei schwedischen Seglern. Die letzten Meter müssen wir über ein paar Felsen klettern, jede Menge Stechmücken überlisten, aber das Wasser in dem Naturschwimmbecken vor dem Wasserfall ist herrlich erfrischend!

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Bambus wächst hier in den Bergen! Mit der Machete bewaffnet schlägt Andreas eine Stange davon ab, wir können sie gut zum Ausbaumen der Segel bei leichtem Wind verwenden.

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Ich würde, wie immer, gerne noch länger bleiben, an diesem ersten Juliwochenende beginnen die ersten Feste, aber am Samstag wollen wir los, es gibt Wind mit einer Nordkomponente, der uns zur nächsten Insel bringen soll – auf nach Fatu Hiva!

Ua Pou, Marquesas

1Anfahrt

Ua Pou (23.06. – 02.07.2016)

Schon von Weitem kann man bei der Anfahrt auf die Insel Ua Pou die Zuckerhüte erkennen– meistens ist der höchste Berg in Wolken gehüllt.

In den nächsten Tagen geht unser erster Blick in der Früh immer die Berge hoch, jedes Mal ein anderes Schauspiel von Licht, Schatten und Wolken.

Hinter dem Wellenbrecher wird an der Hafenanlage von Hakahau gearbeitet, den engen Platz zum Ankern teilen wir uns mit einer Handvoll Booten. Auf Ua Pou leben etwa 2000 Menschen, die Hälfte davon in Hakahau, der Ort zieht sich in einem breiten Tal die Hänge hoch.

Neben dem mit Blumen geschmückten Rathaus, in dem die Angestellten Blumenketten tragen oder eine Blume hinter dem Ohr (Männer wie Frauen), befindet sich das Haus der Kunsthandwerker, drinnen der Verkaufsraum. Draußen im schönen Innenhof wird an Holzstücken geschnitzt. Gegenüber kann man im Café der Kooperative Kaffee trinken, zu Mittag essen. Etliche Marmeladen und Honig werden angeboten, aber außer ein paar Pampelmusen, gibt es nichts Frisches zu kaufen. Die Menschen hier sind alle Selbstversorger oder verschiffen ihre Produkte nach Tahiti und es kommen wohl zu wenig Segler vorbei, um einen solchen Markt am Leben zu erhalten.

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Wir spazieren durch den Ort, überall schöne gepflegte Gärten mit Obstbäumen, Brotfrüchte hängen schwer herunter, Blumen überall, kunstvoll angelegte Sträucher statt Zäunen. Auf einer Veranda hängen Bananenstauden zum Reifen, daneben ein paar Brotfrüchte. Eine vorsichtige Frage an die Frauen, die gemütlich im Schatten sitzen, ob wir eine der Brotfrüchte kaufen könnten. Nein, das geht nicht, sie wird uns einfach geschenkt!

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Wir holen frisches Baguette von der Boulangerie, finden zwei Supermärkte und die Kirche. Die ist, genau wie der Versammlungsraum am Ufer weiter unten, mit lilafarbenen Girlanden und weißen Blumen geschmückt, sogar die hölzerne Jesus-Figur über dem Altar trägt eine Blumengirlande, denn später am Tag findet eine Hochzeit statt. Bekannt ist diese Kirche für die Schnitzereien am Fuß der Kanzel – ein Netz voller Getier und menschlicher Figuren.

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Auf dem Weg zur nächsten Bucht genießen wir das schöne Panorama der Insel und staunen über die winzige direkt am Hang gelegene Piste des Flughafens. Durchstarten geht nicht, da muss die Landung genau erfolgen.

10Flughafen

Hakahetau gefällt uns ausgesprochen gut! Vom Dörfchen sieht man erst einmal kaum was, so viele Bäume stehen am Ufer. Nur eine kleine Kirchturmspitze ragt hervor und aus dem kleinen Versammlungsraum hören wir Trommeln und Gesänge, die Kinder üben Tänze ein.

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Überrascht entdecken wir gleich am Strand zwei große Schautafeln: eine über die schützenswerte Fauna und Flora der Insel, die andere mit einem Plan des Dorfes und des Tales, die Sehenswürdigkeiten aufgelistet, die Wanderwege, zwei Wasserfälle, die archäologische Stätte. Alles in Marquesianisch, auf der Rückseite in Französisch und Englisch erklärt. Weitere Tafeln sind im Ort verteilt, z.B. über die besondere Form der Felsentürme von Ua Pou, vulkanischen Ursprungs, die Lava wurde wie ein Pfropfen nach oben gepresst. Uns erinnern die Felsen an die der Seiser Alm in Südtirol, hier im Miniaturformat.

11Hakahetau

Direkt an der kleinen Hafenmole ist ein hoher hellgelber Felsen mit ausgewaschenen Mulden davor – ein idealer Grillplatz, so ganz ohne Sandfliegen. Wir verabreden uns tags darauf mit Jonas, einem schwedischen Einhandsegler, ein junges schwedisches Paar kommt dazu. In der Abendsonne glüht der Felsen, später im Schein des Feuers. Die Fragen über das Wohin und Woher, Reparaturen am Boot, Tipps für die Weiterreise füllen den Abend, wir könnten noch länger da sitzen. Aber dann ist das Feuer so langsam herunter gebrannt und der Kopf brummt schon etwas vom selbst gebrauten Bier, das der Nachtwächter am Hafen mit uns teilt, und wir teilen mit ihm unser „Balboa“-Bier von Panama.

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