Eingerostet

Wir waren ja sehr gespannt, wie wir unsere Muktuk wohl nach elf Monaten Abwesenheit vorfinden würden. Noch nie waren wir so lange Zeit vom Boot fortgewesen. Unsere Befürchtungen waren überwiegend grundlos, denn Dank des trockenen und gleichmäßig warmen Klimas in Ensenada hat sich alles gut gehalten, ohne Schimmel und Muffigkeit. So wurde es nach einigem Putzen an und unter Deck und kräftigem Durchlüften schnell wieder wohnlich und wir genießen es sehr, wieder zu Hause zu sein.

Da es aber keinem Schiff guttut, so lange unbewohnt zu sein, gab es natürlich jede Menge Arbeit. Alles Bewegliche wurde elf Monate lang nicht bewegt und sah überhaupt nicht ein, dass dies nun anders werden sollte. Die Relais der Ankerwinsch und des Bugstrahlruders saßen fest, mussten ausgebaut und gängig gemacht werden. Die Dichtungen am Wasserhahn der Küche waren versprödet und leckten, dasselbe galt (leider) auch für die Hauptdichtungen der Toilette, also war Ausbau und Ersetzen angesagt.

Unsere Not-Pinne, die ja gleich zwei Ruderblätter bewegen muss und daher mechanisch stark belastbar ausgelegt ist, konnte uns erfolgreich beweisen, dass auch 12 mm starker Stahl durchrosten kann. Zur Belohnung wird sie jetzt mit verbesserter Rezeptur neu geschweißt.

Selbst unsere Kaffeemühle, die bei uns allerdings nicht artgerecht als Gewürzmühle gehalten wird, verweigerte den Dienst und musste wieder gängig gemacht werden. Soweit die Kleinigkeiten.

An größeren Brocken standen (geplante) Reparaturen am Fäkalientank und der Austausch der Frischwasserpumpe an, und nach unserem Auspuffdebakel vom letzten Jahr, bei dem ja viel Seewasser in den Maschinenraum gelangt war, war unsere große Lichtmaschine komplett korrodiert und festgefressen. Zum Glück ließ sie sich ohne große Gegenwehr ausbauen, aufschrauben, entrosten, putzen und schmieren, so dass sie jetzt wieder läuft und lädt. Die passenden Ersatz-Keilriemen hatten wir zum Glück noch.

Unsere Bord-Batterien hat es übel mitgenommen, nachdem unsere Solarpaneele von den Möwen als Sitz- und vor allem Verdauungsplatz umfunktioniert wurden und derart zugedreckt keinen Strom mehr produzieren konnten (denn, siehe oben: hier regnet es praktisch nicht). Somit waren die Batterien auf etwa halbe Nennspannung abgefallen, was normalerweise ein Todesurteil ist. Dank Landstrom und nach einigen Ladezyklen konnten wir sie aber wieder zum Leben erwecken und kommen wahrscheinlich um einen vorzeitigen Austausch herum.

Solange wir noch in der Marina liegen und den Luxus eines Frischwasserschlauchs genießen, müssen wir uns noch um die Lackierung des Decks kümmern. Hier hatten wir im letzten Jahr auf der Werft ein neues System der Anti-Rutsch-Behandlung ausprobiert. Statt normierten Sand aus der Gießerei auf die gestrichenen Flächen zu streuen, haben wir speziell gemahlenen Walnussschalen in die Farbe gemischt und das Deck damit (einheitlich weiß) gestrichen. Dieses Experiment ist auf ganzer Linie gescheitert, denn im Ergebnis haben wir jetzt ein immer noch rutschiges, sehr ungleichmäßig aussehendes Deck, auf dem durch die Körnung jeder Dreck haften bleibt und den man nun – durch die weiße Farbe – auch hervorragend sieht.

Da müssen wir also noch einmal ran, und werden wieder graue Teilflächen mit spezieller Antirutsch-Farbe malen, die schon bestellt, aber noch nicht bei uns ist. Zur Vorbereitung müssen wir aber alle Flächen, die weiß bleiben sollen, abschleifen und neu weiß lackieren, um die Schmutzfänger, d.h. Körnchen der Walnussschalen, loszuwerden. Die ganze Aktion erinnert fatal an Keynes‘ Vorschlag, zur Ankurbelung der Wirtschaft ein großes Loch graben und wieder zuschütten zu lassen.