1300 Meilen geradeaus

Von Bora Bora nach Tonga. Unsere vorletzte Überfahrt für dieses Jahr, denn von Tonga aus soll es direkt nach Neuseeland gehen. Die Vorbereitungen sind schon Routine: Wasser auffüllen, volltanken, letzte Einkäufe im Supermarkt, Beiboot an Deck hieven und festzurren, und los geht’s.

Das Wetter ist ruhig, also passiert unterwegs nicht viel. Allerdings stimmt die Vorhersage dieses Mal überhaupt nicht mit der Wirklichkeit überein. Wenn Wind sein sollte, haben wir Flaute. Wenn Flaute angesagt ist, bläst es mit Windstärke sechs. Die letzten Tage waren schwache Winde vorhergesagt, und wir hatten unser größtes Etmal jemals: 160 Meilen von Mittag bis Mittag.

Unterwegs die üblichen Reparaturen. Beim Ausbaumen der Genua sehen wir einen Riss von fast drei Meter Länge. Das Segeltuch ist nach 27 Jahren einfach morsch, in Neuseeland bestellen wir einen kompletten Satz neue Segel. Aber bis dahin brauchen wir die Genua noch. Also wird sie an einem ruhigen Tag heruntergeholt, an Deck zusammengelegt und in die Kabine bugsiert. Dort kann ich mit der Nähmaschine im Handbetrieb Stich für Stich beidseitig einen Flicken aufnähen und wir können die Genua wieder setzen. Der Autopilot rattert und dreht sich nicht mehr: Getriebeschaden, ein paar kleine Plastikzahnräder sind abgearbeitet. Zum Glück ist Ersatz an Bord und ich kann das Getriebe tauschen.

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Unser Angelglück ist wechselhaft. Als ich nach dem ersten Biss die Angel einhole, hängt nur ein Stück Kiemen daran, da hat sich der Rest des Fisches wohl losgerissen. Da er das kaum überleben kann, hätte er auch gleich dranbleiben können. Als nächstes fangen wir einen Vogel. Ich hole ihn vorsichtig ein, er hat den Haken im Flügel. Ich ziehe mir Lederhandschuhe an, damit er mich nicht hackt und kratzt, während ich ihn befreie. Aber völlig unnötig: ganz ruhig reicht er mir den Flügel und beobachtet, wie ich den Haken heraushole. Dann bleibt er eine Weile auf dem Fischbrett sitzen, um sich auszuruhen. Dann ist er weg, ein paar Stunden später sitzt er aber im Cockpit und betrachtet neugierig das Schiff. Unser Vogelbuch sagt uns, dass es sich um einen jungen Brauntölpel handelt. Die Tölpel sind bekannt dafür (und benannt danach), dass sie sich bei Gefahr nicht wehren. Ein bisschen treu-doof schaut er schon, aber nett ist es doch, ihn im Cockpit sitzen zu haben.

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Dann beißt endlich ein Fisch an, ein Bonito. Und bevor wir ihn ganz aufessen konnten, geht der Fischalarm erneut los. Diesmal ist es ein Wahoo, unser Lieblingsfisch. 1,20 Meter lang, nach dem Ausnehmen bleiben sechs Kilo Fischfilet übrig. Viel zu viel für uns beide, aber weit und breit niemand, den wir zum Abendessen einladen könnten.

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Birgit weckt ein, was das Zeug hält, aber irgendwann gehen uns die Gläser aus. In Folge stehen bei uns auf dem Menu: Sashimi, paniert gebratener Fisch mit Kartoffelsalat, Fischsuppe mit Gemüse, Bratfisch mit roten Zwiebeln und Mango an Beluga-Linsen, Fischsülze mit Bratkartoffeln, Fisch auf Lauchbett mit Sahne-Gorgonzola Sauce und Walnüssen, gefüllte Fischröllchen an Mango-Curry Sauce, Fischsalat, thailändische Fischsuppe mit Kokosmilch und grünem Curry. Langsam könnten wir einmal etwas anderes essen.

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Gestern, wir sitzen gerade beim Essen (es gibt Fisch), hören wir ein plötzlich anschwellendes Motorengeräusch. Wir springen auf und sehen gerade noch ein im Tiefflug vorbeidonnerndes Flugzeug wieder nach oben ziehen. Und zwar kein kleines, sondern eine große Maschine mit vier Düsentriebwerken. Viel höher als unser Mast kann sie nicht gewesen sein, so sah es zumindest aus. Wir überlegen noch, welcher Spinner hier seinen Mut beweisen wollte, als wir über Funk angerufen werden: „Muktuk, Muktuk, here is the Australian Maritime Patrol Aircraft“, also ein Überwachungsflugzeug der Australier, die so tief geflogen sind, bis sie unseren Schiffsnamen lesen konnten. Zum Glück steht der in relativ großen Buchstaben am Bug, sonst wären sie wohl noch näher gekommen. Na ja, zum Fisch essen hätten wir sie schon einladen können. Aber so wollten sie nur unsere Nationalität, letzten und nächsten Hafen wissen und haben sich dann ganz nett mit „Dankeschoin and happy sailing“ verabschiedet. Sachen gibt’s.

Gestern sind wir wohlbehalten in Tonga angekommen. Außerordentlich schön hier, dazu aber später mehr.