Achtunddreißig Wochen auf See

2. März 2023 um 21:30 Uhr UTC, POS 19°22’N 151°34‘E

Das ist schon ein unglaublich großer Ozean. Jetzt sind wir bereits so ewig unterwegs, dass wir uns gar nicht mehr erinnern können, wie es früher einmal ohne Geschaukel und unterbrochenem Schlaf war. Oder wie es war, andere Menschen zu sehen, in Geschäften einkaufen zu gehen, frische Lebensmittel zu haben. Von exotischen Wünschen wie Restaurantbesuchen oder einer Süßwasserdusche ganz abgesehen. Ihr seht schon: wir haben die Freuden des Lockdowns zur Genüge ausgekostet, wir wollen langsam ankommen.

Vor drei Tagen zog eine weitere Front durch, mit Regen, Starkwind und viereinhalb Meter See, die uns die letzten Tage begleitet hat. Wenig Schlaf also mal wieder, insgesamt kein Vergnügen, aber immerhin kommen wir voran. Die restliche Strecke bis Okinawa wird langsam absehbar.

Wahrscheinlich sind mal wieder die Tölpel schuld. Als ich Anfang der Woche zum hinteren Mast hochblickte, sah ich, dass unsere UKW-Antenne, die dort eigentlich aufrecht stehen sollte, nur noch an ihrem Kabel hängend nach unten baumelte und vom Wind hin und her geblasen wurde. Wir hatten immer abends beobachtet, wie verzweifelt die Tölpel versuchten, auf den Mast-Topps zu landen. Auf dem vorderen Mast schaffte es fast immer einer, sich hinzusetzen, aber achtern war eben die Antenne im Weg. Wir vermuten, dass ein Tölpel den Anflug nicht gut berechnet hat und vom schwankenden Mast mit der Antenne im Flug weggeschubst wurde. Dabei muss wohl die Antenne oder ihre Halterung gebrochen sein.

Jedenfalls war nun unklar, ob die Antenne auch baumelnd noch funktioniert. Hoch in den Mast kann ich bei diesem Seegang unterwegs nicht klettern, und für einen Radio-Check braucht man ein anderes Schiff in Funkreichweite, und das hatten wir bisher nur alle ein bis zwei Wochen. Also war sicherheitshalber die Konstruktion einer neuen UKW-Antenne angesagt. Nur: wie macht man das mit Bordmitteln? Mein Amateurfunkzeugnis liegt ja schon über zehn Jahre zurück, ich weiß die Grundlagen, war aber doch bei einigen Fragen unsicher. Zum Glück konnten unsere Freunde an Land weiterhelfen, die im Internet recherchierten, weitere funkbegeisterte Freunde einschalteten, und uns dann per Mail mit Bauanleitungen und Antworten auf technische Fragen versorgten.

Mit dieser Hilfe waren der Bau und die Installation dann recht einfach, und dann kam auch gleich, als hätte es nur darauf gewartet, ein Schiff vorbei, das wir anfunken konnten. Das Ergebnis: mit unserer Baumel-Antenne konnten wir erst auf drei Meilen Entfernung eine Verbindung herstellen, aber der neue Eigenbau funktioniert hervorragend. So werden wir also, wenn alles gut geht, die japanische Küstenwache per Funk verständigen können, wenn wir uns dem Ziel nähern. Denn – wie gesagt – wir wollen jetzt wirklich langsam ankommen.