sture Zwiebeln

Bordalltag auf der Überfahrt. Drei Stunden schlafen, drei Stunden wach in der Nacht, tagsüber Zeit für die Verrichtungen das Alltags. Das Schaukeln des Bootes bei moderaten 2-3 Metern Atlantikwelle macht letztere zu kleinen Geschicklichkeitsübungen, schliesslich kann man keinen Schraubenzieher, keinen Suppenteller und keine Zahnpastatube irgenwo hinlegen in der landüblichen Erwartung, diesen Gegensatnd drei Sekunden später noch an der selben Stelle vorzufinden.

Zu den unerwarteten nautischen Gefahren gehörte heute Mittag der Zwiebelschlag. Wie von nahezu allem Essbaren haben wir auch von Zwiebeln ziemlich viel an Bord, denn wer weiss ob uns nicht eine monatelange Flaute heimsuchen könnte, und wenn dann alle von Birgit eingemachten Gläser mit Gulasch, Zwiebelschnitzeln, Sugo und Rouladen aufgegessen sind, werden ein paar Kilo Zwiebeln sicher nicht reichen. Und zu denen, die wir selbst gekauft hatten, bekamen wir noch etliche dazugeschenkt von der Frau unseres Schreinermeisters.

Weil diese Zwiebeln noch recht frisch sind und luftig gelagert sein wollen, damit sie nicht schimmeln, haben wir sie in ein Netz gelegt, das über dem Küchengang gespannt ist. Das ist nicht ganz so praktisch wie es klingt, denn wenn man eine Zwiebel herauszieht, rieseln von ungefähr zweihundert anderen Teile ihrer Schale zu Boden.

Na ja, jedenfalls kam es wie es kommen musste: ich hatte gerade das Geschirr abgespült und auf der Küchenplatte gestapelt (natürlich kunstvoll mit Leisten und feuchten Lappen gegen Wanderschaft gesichert), als eine etwas größere Welle dem Boot einen kleinen Extra-Schubs gab und damit den ersten Zopf Zwiebeln aus dem Netz beförderte. D.h. eigentlich bewegte sich nicht die Zwiebel, diese bestand nur auf ihrem angestammten Recht, träge am selben Ort wie zuvor bleiben zu dürfen. Es war genau genommen Muktuk, die um die Zwiebel herumhüpfte. Aber der Effekt war derselbe: nach dem Fall des ersten Zopfes kam der Rest des Netzes aus dem Gleichgewicht und es ergoss sich ein Strom von Zwiebelzöpfen, Einzelzwiebeln, Knoblauchknollen und verstreuten Paprikas, Zucchinis und Kräutern über meinen Kopf, auf den Boden und – besonders gemein – auf das frisch abgewaschene Geschirr. Also geflucht, Netz anders abgespannt, Gemüse zurückgestaut, Boden gekehrt und nochmal abgewaschen… Bordalltag eben.

Ansonsten ist alles gut: wir kommen mit Etmalen von 140 Seemeilen Richtung Madeira voran, haben prächtigen Wind zwischen 4 und 6 Bft aus der besten aller Richtungen und müssen uns geradezu bemühen, mit Reffs die Fahrt unter sieben Knoten zu halten, damit der Ruderdruck nicht zu groß und die Bewegungen des Boots nicht zu heftig werden – Luxusprobleme auf einem Segelboot.